Bildschirmverstörung

Meine Südfunkgeschichten

von

Manfred Nägele schreibt:
Aus meinen gut dreißig Fernsehjahren beim Südfunk in Stuttgart möchte ich mein aufregendes und ziemlich persönliches Kapitel Film- und Mediengeschichte erzählen. Diese Zeit vom erst freien Mitarbeiter bis zum verantwortlichen Leiter von „Kultur und Gesellschaft“ ist mir in wahrlich nachhaltiger, stellenweise auch schmerzlicher Erinnerung geblieben.
Viele zeitgeschichtliche Ereignisse wie die Berichte über den Stammheim-Prozeß, viele Begegnungen mit „ganz eigenen“ Menschen, mit „eingebildeten“ und aber auch wahren Persönlichkeiten, vor und hinter der Kamera, sind der Stoff zahlreicher Anekdoten:
Ein Abendessen mit gleich zwei Misses World genoß ich auf Island, und ich verbrachte – nicht wie Sie meinen – eine richtig ganze Nacht mit der wirklich beeindruckenden Edelhure „Domenica“ auf St. Paulis Herbertstraße, ich ‚adopierte‘ den Zigarrenkönig Zino Davidoff, düpierte den Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki (der mir dafür prompt die Absolution verweigerte) und „stiftete“ dafür aber die Ehe von Frau und Herrn Dürrenmatt undundund …
Wohl bekamen der Südfunk und ich miteinander ab und an Lob und gar einige Fernsehpreise, aber es gab „wegen Nonkonformismus“ auch heftige Beschwerden und wahre (schwäbische) Publikumsverrisse: „So einen wie Sie, Naegele, so einen sollte man mit einem Putzlappen ganz langsam totschlagen.“
Tempi passati: Manches war besser, manches war schlechter. Aber hier sind sie nun: meine Erinnerungen an die abgelaufene Fernsehzeit, als die Einschaltquote noch keine Kategorie, kein Maßstab war.