Christian Scholz – Die Zeit der Kamera

von

Notate über den Mittelpunkt der Photographie: das Auge

Stets und ständig verändern sich die Dinge. Der entscheidende Moment als Punkt, der gleich wieder entschwindet. Die Pupille als Punkt, der gleich wieder wegschaut. Die Ansicht, nur kurz gegenwärtig. Und dann die Linie hinten am Horizont, am Ende des langen Tages, oder die Lippen, eben noch so linear im Bildfeld rechts.

Punkte und Linien prägen ebenso jeden Schriftkörper: Briefe, Gedichte, Novellen, Erzählungen, Romane. Welche photoästhetischen Momente sich schriftlich darstellen lassen und welche Textur hingegen ein Bildwerk braucht, davon handelt dieses schmale Buch mit seinen 44 Abbildungen. Es sind Reflexionen über das menschliche Gesicht, über hohe Häuser und bekannte Persönlichkeiten, über Atelieraufnahmen in Paris, tierische Landschaften, amerikanische Real- und Traumwelten. Es sind Mutmassungen über Teleobjektive und Weitwinkelobjektive, Kunst und Wirklichkeit sowie Dummheit und Raffinesse. 2002 wurde die Arbeit begonnen, 2012 abgeschlossen. Welcher Pulsschlag ist spürbar? Eine bedachtsame Findung im Text, teils parallel entwickelt zum photographischen Prozess. Dort lebte fortwährend die Portraitkunst, aber vor allem das Körperprojekt, von dem schon der Bildband Körper (Schwabe, 2011) – punktuell – eine genaue Vorstellung gab.

Die hier erstmals veröffentlichten Notate von Christian Scholz erzählen von Start und Landung, Aufklang und Ausklang, Lärm und Stille, Vergangenem und Zukünftigem. Sie benennen einen Kontext.