Christkind verkehrt

Weihnachtsgeschichten

von

Wie die meisten seiner Landsleute wuchs Hans Fallada in einer Familie auf, in der man Weihnachten als das wichtigste Fest beging: so wie er es in den Anekdoten über die Familienbräuche beschreibt. Und selbstverständlich übernahm er all die Christfestrituale und Julfestsitten in die eigene Ehe und den eigenen Hausstand: Das Fröhliche Weihnachtsfest von Mumm und Itzenplitz erinnert an das von Rudolf und Anna Ditzen 1929 im holsteinischen Neumünster, und die Affäre mit dem Gestohlenen Weihnachtsbaum, in die Herr Rogge, Tom und Schwesterchen verwickelt werden, läßt an Vater Ditzen, Sohn Uli und Tochter Lore, an den Dezember 1936 auf der Büdnerei im mecklenburgischen Carwitz denken. Ob die Herkommen vorchristlichen oder kirchlichen Ursprungs sind, bleibt für den Erzähler ohne Belang: den »heidnischen« Brauch des Kleinen Weihnachten, den er seit Anfang der zwanziger Jahre kennt, seit seiner Zeit auf der Insel Rügen, hält er gleichermaßen für bewahrenswert. Und selbst der Jux, daß Onkel und Tante Lorenz den 25. Dezember seit dreiundzwanzig Jahren mit dem Wunder des Tollatsch-Essens begehen, wird in seiner Schilderung zu einer richtigen Weihnachtsgeschichte.

Weihnachten ist für Fallada ein magisches, duftendes, freundliches Fest, eines, zu dem Geheimnisse, Kinder und Lachen gehören, auch und gerade wenn die Umstände, unter denen es begangen wird, so gar nicht freundlich sind. Für ein paar Stunden wandelt sich alles zum Guten: Mit Liebe und ein paar Mark werden Überraschungen gezaubert, die falschen Geschenke werden die schönsten, und sogar die Pechvögel, bei denen zu jedem Weihnachten alles schiefgeht, haben am Ende Glück.