Das Augenkind

Eine poetische Parabel

von

Durch ein Fenster im obersten Stock blickte das Augenkind auf die Wege und Mauern der Stadt, und alles, was es sah, bewahrte es in seinem Herzen. Über den Dächern spiegelten sich Sonne und Regen, Lachen und Weinen, Groß und Klein. Dem Augenkind gefiel das alle sehr, aber hinaus zu den Menschen wollte es dennoch nicht. Es langweilte sich nie, aber manchmal hatte es ein bisschen Angst, ohne sich je richtig zu fürchten. Alles wiederholte und erneuerte sich gleich den Jahreszeiten, und die Ewigkeit war greifbar wie Erde und Wasser.
Eine poetische Parabel vom Anderssein und von der inneren Verweigerung, die verstörende Fragen aufwirft und auf eindeutige Antworten verzichtet – mal abgesehen von einer denkwürdigen „Evolutionstheorie“ und von der ebenso gottergebenen wie egozentrischen Überzeugung des Augenkindes, sein persönliches Schicksal jederzeit in einen spirituellen Sinnzusammenhang einordnen zu können.