Das Heu, die Frau, das Messer

Novelle

von

Halle, 1784. Ein Mann klettert die Stiege zum Heuboden hinauf. Im Dämmerlicht sieht er einen langen, schmalen Körper mit struppigem Haar, der stöhnend und hustend auf einer Heuschütte liegt: Es ist Karl Philipp Moritz, der Berliner Autor des berühmten psychologischen Romans ›Anton Reiser‹, der den ungebetenen Gast am liebsten wieder wegschicken will. Erst als der Besucher aus Leipzig gesteht, er sei einem Traum nach Halle gefolgt, faßt Moritz Zutrauen. Endlich einer, mit dem er sich über Vorhersehungsvermögen, auch über Frauen austauschen kann. Ein Schinken wird ausgepackt, Brot und ein Messer, mit dem Moritz den Besucher schließlich so heftig bedrängt, daß dieser nur noch eines will: entkommen. Dieter Kühn entwirft ein Porträt des Melancholikers und Selbstbeobachters Karl Philipp Moritz, das nicht nur biographisch belegt, sondern auch psychologisch überzeugend ist. Um die wenigen verbürgten Tatsachen rankt er ein Geflecht aus Gesprächen und Episoden, die dem Ausschnitt aus Moritz‘ Leben eine exemplarische Bedeutung verleihen. Reich an Schilderungen dramatischer (Liebes-)Begegnungen, durchzieht die Novelle eine dem Nervenkitzel vergleichbare Spannung.