Das Mädchenkonzentrationslager Uckermark

Nur zwei Gedenktafeln auf dem Uckermark-Gelände erinnern heute an das “Jugendschutzlager Uckermark”, in dem von 1942-1945 ca. 1200 Mädchen und junge Frauen inhaftiert waren. Das Lager in unmittelbarer Nähe des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück gehört zu den vergessenen Konzentrationslagern Deutschlands. Es galt lange Zeit als Teil des Fürsorgesystems, in dem als “asozial” eingestufte junge Frauen “erzogen” werden sollten. Daß es sich bei der Jugendfürsorge nie um ein unpolitisches Helfen handelte, belegen die Beiträge über das nationalsozialistische Fürsorgesystem, das keinen Raum für ein von der gesellschaftlichen Norm abweichendes Verhalten ließ. Anhand von Akten rekonstruieren die AutorInnen die Einweisungspraxis in das Lager und zeigen die enge Verzahnung zwischen Fürsorgeeinrichtungen, Polizei und dem “Kriminalbiologischen Institut” auf.
Die unmenschlichen Bedingungen in dem “Jugendschutzlager”, zu denen Zwangsarbeit u.a. für Siemens, ein absolutes Redeverbot, Schikanen und Strafen sowie eine katastrophale Unterversorgung gehörten, schildern mehrere Zeitzeuginnen in eindringlichen Berichten. “Wir Jungen haben ja noch nicht gelebt. Wir haben vorher nicht gelebt und nachher nicht,” beschreibt Käthe Anders die Auswirkungen der Uckermark-Zeit auf ihr Leben.
Die Überlebenden des Lagers, das in den letzten Kriegsmonaten auch als Vernichtungslager v.a. für Frauen aus dem KZ Ravensbrück benutzt worden war, kämpfen bis heute um ihre Anerkennung als Verfolgte und um eine Entschädigung, von der sie – in Fortsetzung der Diskriminierung durch die Nazis – als “Asoziale” ausgeschlossen werden. Ausgrenzung und Verdrängung spiegeln sich auch im heutigen Umgang mit dem Gelände des Mädchen-KZ und Vernichtungslagers wider. Nachdem das Gelände jahrzentelang militärisch genutzt worden war, sind kaum noch Spuren des Lagers vorhanden. Die Erforschung des Geländes steht bis heute aus, nur auf einem Teilstück konnten im Rahmen internationaler workcamps Ausgrabungen durchgeführt werden und damit das ehemalige Lager sichtbar machen.