Das Maß der Liebe

Plädoyer für ein subversives Nein

von

Dominique Zimmermann möchte dazu animieren, uns selbst und andere so zu lieben, wie das tatsächlich möglich ist, sofern wir den totalitären Anspruch auf ein Ja aufgeben und durch ein subversives Nein ersetzen. Wenn das Maß der Liebe tatsächlich zu voll geworden
ist, wird es Zeit, die Vielfalt an Verwechslungen, die der aufgeladene Begriff provoziert, genauer zu betrachten. Denn das, was wir Menschen üblicherweise von intimen Beziehungen erhoffen, führt nicht selten zu großem Leid und Einsamkeit, zu Streit und Eifersucht, also den Schattenseiten des positiv konnotierten Begriffs. Indem wir unsere Partner festhalten oder besitzen wollen, zerstören wir das, was eigentlich möglich wäre.
Das gilt zwar seit der Etablierung der romantischen Liebe als menschlich, ist deswegen aber noch lange nicht akzeptabel. Liebe ist kein Tauschwert, sondern eine bestimmte Energie- oder Seinsqualität, die sich in einer Vielzahl an Formen ausdrücken kann. Mit ihren Gastbeiträgen betont die Philosophin Aysegül Sah Bozdogan die Möglichkeit der Unterlassung, indem sie das Thema Asexualität ausführlich diskutiert und hierbei auch
den Bezug zu politischen Systemen und den neusten Entwicklungen in ihrer Heimatstadt
Istanbul nicht scheut. Das Buch nähert sich dem Themenbereich unter philosophischen, psychologischen, soziologischen, literarischen und mystischen Gesichtspunkten, behält
aber dank der Arbeit von Dominique Zimmermann als Beraterin in einer Condomeria die Alltagswirklichkeit einer größeren Bevölkerungsschicht im Auge und leitet die Lesenden mit einer Prise Humor durch die Lektüre.