Das Sternbild des Wolfes

Gedichte

von

Nach dem Roman Angeklagt legt Mariella Mehr wieder einen Band mit Gedichten vor, den dritten innerhalb von fünf Jahren. In immer neuen Variationen, in ständig wechselnden Modulationen und Koloraturen kreisen sie um jene ureigenen Leitthemen, denen sich Mariella Mehr verschrieben hat und die sie nicht loslassen: das Ausgestoßensein in eine Welt, die einen nicht haben will, wie man ist, und die man nicht haben will, wie sie ist; das Heimweh auf der Suche nach einer Heimat; die Sehnsucht nach einer Atempause der Geborgenheit und Verlässlichkeit; die beschworene Zusammengehörigkeit der Roma und anderer Vertriebener, der Lebenden wie der Toten; die Nähe zum Tod, der in seiner Bedrohlichkeit und seiner Verlockung fast greifbar wird. Man bewegt sich durch diese expressiv-suggestiven Gedichte wie durch archaisch aufgetürmte Wortlandschaften, in denen sich bei jedem Tritt bodenlose Spalten und Abgründe auftun. Die Sprache aber ist gegenüber den vorangegangenen Zyklen schnörkelloser geworden, kantiger, stellenweise von sezierender Schärfe. Und gerade dort, wo sie den höchsten Grad schneidender Zuspitzung erfährt, schlägt sie unvermittelt in Lachen um – trotzig und wild wie das Sternbild des Wolfes. Ein Lachen, »von dem sich unseresgleichen/ Brot, Wasser, Luft/ und Atem holt«.