»MA TOWU OHALEICHA JAAKOW MISCHKNOTCHA JISRAEL« So lautet der Willkommens-Spruch über dem Eingang zum Betsaal in der Synagoge. Auf Deutsch: »Wie fein sind deine Zelte Jakob und deine Wohnungen, Israel«.
Tatsächlich war ich im vergangenen Jahr ganz ergriff en gewesen, als ich zum ersten Mal unter dem Türrahmen stand. Himmelblau. Dazu das Licht, welches durch das Ostfenster fiel. Auf das Gestühl. Die Bänke. Viele mit Namen beschildert; Grünfeld,
Jarkas, Deutsch, Salomon, Stain und Stein, Czitron, Fuchsbalg u.v.A.. Emaile-Täfelchen. Die meisten mit hebräischen Buchstaben. Diese dürft en noch aus dem Ende des 19. Jahrhundert stammen. Später wurden die Anschriften auf Deutsch und zumeist mit Klebeetiketten angebracht. Ohne Halt und Haltbarkeit. Aber das Tonnengewölbe steht, weiterhin, spannt einen Bogen von Empore zu Empore, wölbt sich über der Bima und dem Tora-Schrein.
Blau, beige, ocker, braun die Sitzbänke und Ballustraden. Dazu der Geruch von altem Holz, Mörtel. Immer mal wieder sind auch Farbreste zu Boden oder in die Bankreihen gefallen. Die sich lichteten während der Nazi-Occupation, mit den Nachstellungen durch die Securitate und mit dem Exodus nach Israelund Amerika. Nachdem Rabbi Moishe Reich 1945 verstorben war. Ich bin wiedergekommen. Im März 2020. Aus Wiedersehnssehnsucht. Und in der Absicht, zusammen mit Jugendlichen aus der Stadt von der Geschichte des Hauses und seiner Gäste mehr zu erfahren. Daneben sollte durch praktisches Tun, dem gründlichen Fegen, Wischen, Schmirgeln und anschliessendem Wachsbalsam-Bestreichungen, das Interieur aufgehübscht und gebrauchstauglicher gemacht werden. Zuerst für Führungen und Referate, dann weiter für Rezitationen, Konzerte, für Begegnungen von Menschen aus verschiedenen Alters- und Sprachgruppen der Stadt, der Region, wie dem Ausland. Aber dann begannen die Restriktionen durch die Behörden als Folge einer Viren-Pandemie, die seit Januar 2013 für zahlreiche Behörden beschrieben aber von den Regierungen nicht beachtet worden war. Ebenso wenig,
wie die Angriffe rechtsradikaler Banden auf Ausländer und Andersgläubige. Mein Zug war im März in Mediasch angekommen und ich machte mich allein an die Arbeit, nach Absprache mit Alexandra und Mathias, welche aktuell mit einigen anderen Menschen aus dem Ort um den Erhalt und die Wiederbelebung der eklektizistischen Synagoge von 1896 besorgt sind. Davon wird im Weiteren nicht berichtet werden, jedoch von einer eigentümlichen Begegnung mit Fanny Bäumel, der Tocher von Zlate, geborene Kappel (1825 – 1922), und David Zewi Bäumel (1820 -1899), welcher über Jahrzehnte Rabbiner in Mediasch gewesen war.
- Veröffentlicht am Dienstag 1. September 2020 von Make a book
- ISBN: 9783961720644
- 130 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählende Literatur