Der Aufstand der Töchter

Botanischer Garten Berlin: Gemeinsam staatlich organisierte prekäre Beschäftigung überwinden

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Was tun, wenn sich eine öffentliche Einrichtung mit Tariflöhnen zu einer bösen Stieftochter mit Dumpinglöhnen verwandelt? Was tun, wenn bisher betriebsinterne Tätigkeiten über Werkverträge fremd vergeben werden? Was tun, wenn der Ton härter wird und die Angstmache zunimmt? Was tun, wenn der Lohn nur noch die Hälfte des Lohns des direkten Kollegen beträgt und jetzt schon klar ist, dass die Rente nicht zum Leben reicht?

Jahrelang haben die Beschäftigten des Botanischen Gartens Berlin, einer 100%igen Tochter der Freien Universität, unter derartigen Zuständen gearbeitet und sich in einer 20monatigen Tarifbewegung den Anschluss an den Flächentarifvertrag zurückerkämpft. Im Frühjahr 2017 hat die Freie Universität angekündigt, die Beschäftigten wieder in die Universität einzugliedern und die Arbeitsverträge mit der Tochter auf die Mutter überzuleiten.

Auf dem Weg zu gleichem Lohn für gleiche Arbeit haben die Aktiven sich gewerkschaftlich organisiert, Bündnisse mit Studierenden, Personalvertretungen, ASten und vielen Berliner Beschäftigten in ähnlicher Situation – von der Charité Facility Management (CfM), dem Technikmuseum Berlin oder Freien Trägern wie den Kinder- und Jugendambulanzen Berlin (KidT gGmbH) – geschmiedet und gemeinsame Strategien erarbeitet. Sie haben über den Tellerrand geschaut und zusammengehalten.

Darüber wird in diesem Buch berichtet, das dem Erfahrungsaustausch dienen und Handlungsanleitung zugleich sein soll. Denn der Widerstand der Beschäftigten am Botanischen Garten ist exemplarisch für alle ausgelagerten Bereiche in öffentlicher Verantwortung: Museen, Freie Träger, Servicegesellschaften der Krankenhäuser, Musik- und Volkshochschullehrer, Lehrbeauftragte an Universitäten und Hochschulen, öffentlicher Nahverkehr und viele mehr. Sie alle können ein Lied davon singen, was Auslagerung und Fremdvergabe zum Zwecke der Tarifflucht bewirken.