Der Sautomat. Sämtliche Science Fiction Grotesken des Mynona von der „Bank der Spötter“ 1918/19

Anlässlich seines 75. Todestages am 9. September 2021 mit einem Mynonafiction´schen Nachwort herausgegeben von Detlef Münch

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Der im Sommer 1918 geschriebene 450-seitige „Roman“ „Die Bank der Spötter“ wurde von Salomo Friedlaender (1871 – 1946) als Sammlung von 19 Grotesken konzipiert, die durch eine Rahmenhandlung um die gleichnamige Literaturgesellschaft verbunden wurden. Utopisches Konnektiv ist dabei der von Friedlaender 1913 eingeführte Prof. Abnossah Pschorr, der „Erfinder des Ferntasters, des Phonographen, der heute noch die Worte Goethes widertönt, der Funktionär der physiologischen Telegraphie ohne Draht, der praktische Kosmisierer des Leibes und Vakuumreiniger der Seele.“
Aus dem überwiegend nichtutopischen „Roman“ werden erstmals sämtliche eigenständigen Science Fiction & Fantasy Grotesken und SF-Marginalien extrahiert und anlässlich Friedlaenders 75. Todestag am 9. September 2021 in einem Band herausgegeben.
Friedlaender präsentiert hier ein utopisches Feuerwerk, indem er u.a. als Zukunftslösung der sexuellen Frage einen „Sautomat“ entwirft, mit dem beliebige Sexualpartner z.B. die Mona Lisa oder die ältere Ehefrau wieder in jungen Jahren sowie die eigene Person als andersgeschlechtliche Variante geformt werden können. Er entdeckt eine anthropoide Stadt in Menschengestalt, lässt die Menschheit durch eine „Litfaßsäulen-Literaturgesellschaft“ bilden und veredeln, nutzt Zeppeline zur Bewässerung der Landwirtschaft in (höchst aktuellen) Dürrezeiten und lässt aus ihnen Bomben mit „belebenden Sauerstoffmischungen“ werfen, die „die Atmosphäre rundumher erfrischten und durchdufteten“. Die Erde wird durchsichtig gemacht und aufgrund eines leistungsstarken Elektromagneten wird der Erfinder göttlich verehrt, während eine in der Zukunft elektrisch aufgerüstete Straßenbahn mit „elektrischen Stühlen“ den Beginn einer neuen hypermobilen Verbrechensära einleitet. Abnossah Pschorr hat hingegen seinen Telehaptor von 1913 und Stereographen von 1916 weiterentwickelt, projiziert und multipliziert Hologramme von Personen und Situationen, sowie schult utopisch seine Jünger, sodass es künftig ausreicht, durch Einnahme einer neuartigen Pille die Realität manipulieren zu können und u.a. in einer Hutmacherleiche ein apokalyptisches Berlin visualisiert wird.
Den Antisemiten interpretiert Friedlaender als rückständige Zwischenstufe der Evolution, als Atavismus der menschlichen Entwicklung und führt in einer Utopie den Judenhass ad absurdum.
So gelingt es (deutschen) Wissenschaftlern den Antisemitismus, der bereits mit der chemisch konditionierten Muttermilch eingesogen werden kann, vom Menschen auf die Umwelt (wie einen Virus) zu übertragen und sie für Judenhass zu disponieren. Rosen riechen für jüdische Kinder nach Knoblauch, Felsen brechen ab, wenn Juden an ihnen bergsteigen und dort wo viele Juden wie in Palästina leben, kommt es zu „antisemitischen Erdbeben“.

Inhalt:
Das Pferderennen ohne Pferd
Die anthropoide Stadt
Utopische Allotria
Die literarische Litfaßsäulen-Gesellschaft
Die andressierte Unsterblichkeit
Der Eierschänder
Sautomat
Die organische Erfindung
Die blutige Ypsilon
Das Schicksal als Kinematoskop
Schone deines Kindes Hut!
Der verliebte Kleiderkasten
Antisemitische Utopie
Der elektromagnetische Buckel
Spandau in der Hutmacherleiche
Nachwort: Die frühen Science Fiction Grotesken des Mynona 1909 -1919