Das Regiekonzept Max Reinhardts (1873-1943) war bestimmt von der Sichtweise, ‚Theater’ als eine suggestive Anstalt zu verstehen. Es bestand aus vier Elementen, mit denen Reinhardt laufend in seinen Inszenierungen experimentiert hat: ‚Schauspielkunst’, ‚Text’, ‚Raum’ und ‚Zuschauer’.
Eines der Hauptverdienste Reinhardts bei der Gestaltung des modernen Regietheaters war die von den Spielformen der commedia dell’arte inspirierte Betonung des Körpers als eigentliches Darstellungsmittel. Stumme, vom Bewegungsrhythmus dominierte Figurencharakterisierungen synchronisierte er häufig mit sprachbetonten Spielformen. Den von ihm hochbewerteten Klangaspekt der Sprache setzte er oft durch ein sorgfältig aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel von Sprachklang und Sprachrhythmus ein, um die vom Text vorgegebene theatralische Wirkung der Sprache zu steigern.
Charakteristisch für die Regieführung Reinhardts war auch der Versuch, die Suggestivkraft der transorchestralen Einheit durch den Einsatz der Massenregie im Rahmen des Monumentaltheaters weiter zu erhöhen.
Im direkten Vergleich zu den Konzepten innovativer Regiekollegen wie Richard Wagner, Edward Gordon Craig, Adolphe Appia und Wsewolod Meyerhold lassen sich jeweils grundlegende Gemeinsamkeiten finden. Die – mit Ausnahme Richard Wagners – von Max Reinhardt allerdings in vergleichsweise weit größerem Umfang realisierte Umsetzung des Regiekonzeptes in die Bühnenpraxis mag ihren Grund sowohl in den persönlichen Qualitäten Reinhardts als auch in dessen erfolgreich angewandtem System der Suggestion gehabt haben.
- Veröffentlicht am Freitag 17. März 2006 von WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier
- ISBN: 9783884767955
- 152 Seiten
- Genre: Film, Fotografie, Kunst, Taschenbuch, TV, Video