Die belletristischen Zukunftsapokalyptiker der damaligen Zeit differenzierten zwischen dem zeitnahen und dem zeitfernen Weltuntergang, den sie mit einem Erkalten der Sonne und der damit einhergehenden Vereisung der Erde gleichsetzten. Bei der zeitnahen Apokalypse dominiert die kosmische Katastrophe vor allem durch den Kometentod, der eine Polverschiebung bewirkt oder die Erde aus der Bahn „wirft“, sodass sie in die Sonne stürzt, die Erde durch einen direkten Zusammenprall oder durch einen Aufprall des Mondes zum Platzen bringt, ein Einschlag immerhin zu globalen Erdbeben, Wirbelstürmen und Überflutungen führt, dessen Schweif entweder der Erde den Sauerstoff entzieht, mit seinen giftigen Gasen alles Leben tötet oder durchaus origineller den Menschen neuroaktiv durch die Erhöhung seines Agressionspotentials beeinflusst und auch ohne Kometenaufprall die Welt ins Chaos stürzt.
Auch wie sich die Überlebenden nach der Katastrophe als „Nachmenschen“ evolutionär weiterentwickeln oder degenerieren wurde in eindrucksvolle Szenarien beschrieben.
Dass der Komet hingegen zum Heilsbringer wird und der erkaltenden Erde eine neue Sonne bringt, war eher eine literarische Ausnahme.
Schon früh wurde angesichts einer möglichen Vereisung oder Zerstörung der Erde das Überleben mit technischen Mitteln in hochtechnisierten unterirdischen Städten, der Ausnutzung der Erdwärme oder der Erwärmung durch Elektrizität sowie die Evakuierung der Menschen im Luftschiff auf andere Planeten belletristisch vollzogen, womit die heute vergessenen Autoren aktuell state of the art sind. Mars und Weltuntergang wurden in der frühen deutschen SF oft im Zusammenhang dargestellt, sodass die Marsbewohner häufiger die Erde warnen.
Die „herstellbare Katastrophe“ durch die Technik ist mit Beinahe-Weltuntergängen durch futuristische Massenvernichtungswaffen vor 1900 noch die Ausnahme. Später werden dann technisch induzierte Apokalypsen durch eine akustische Umwandlung der Menschen in violette Schleimkegel und die erste weltweite, vorsätzlich durch einen Chemiker verursachte Ölpest antizipiert. Auch sonst sind es oft Chemiker, die beispielsweise den „Grünen Tod“ aus der Retorte auf die Menscheit loslassen, den Planeten durch ein neues Element zur Explosion bringen oder Maschinen die Macht übernehmen lassen.
Der heutige Leser wird deshalb erstaunt in dieser Anthologie feststellen, dass apokalyptischen Ideen schon vor mehr als 100 Jahren in der deutschen Science Fiction präsent waren, die oft erst in den 1950er Jahren von der bis heute führenden anglo-amerikanischen SF wieder aufgenommen wurden.
Inhalt:
1892 Josef Kohler Die Zukunft der Erdbevölkerung
1895 Friedrich Thieme Der Weltuntergang
1896 Vincenz Chiavacci Der Weltuntergang
1897 Paul Scheerbart Das neue Leben
1898 Paul Scheerbart Platzende Kometen
1898 Manfred Fuhrmann Über das Ende der Erde
1898 J. P. Europas Untergang
1899 Willy Weber Die Welt geht unter!
1901 Robert Kraft Die Totenstadt
1902 N. N. Weltuntergang
1902 Gustav Meyrink Der violette Tod
1903 Gustav Meyrink Petroleum, Petroleum
1904 Theodor Seuberlich Die letzten Menschen
1906 Max Haushofer Wenn kein Wasser mehr rauscht
1906 Max Haushofer Nachmenschen
1907 Franziska Wolf Zukunftsmusik
1907 Carl Grunert Der letzte Mensch
- Veröffentlicht am Montag 1. Oktober 2018 von synergenVerlag - Deutscher Bierkulturverlag
- ISBN: 9783946366416
- 306 Seiten
- Genre: Belletristik, Science Fiction