Deutschland und die Welt

von

„Überall, wo man Deutsch sprechen musste, da war ich mit“, erzählt Mubarika Butt aus Pakistan. Als Vierjährige kam sie mit den Eltern und der zweijährigen Schwester 1984 nach Deutschland. Zwei Jahre später, mit sechs Jahren, war sie Familiendolmetscherin.

„Es ging um behördliche Briefe, von den kleinsten Sachen wie Entschuldigungen für die Schule bis hin zu amtlichen Briefen, die kamen. Die sollte ich beantworten oder mit denen telefonieren. (.) Alles quer durch. Überall, vo man Deutsch sprechen musste, da wir ich mit.“

Kinderdolmetscherinnen und Kinderdolmetscher sind in Deutschland Alltag. Obwohl es seit über 50 Jahren eine Einwanderung gibt, hat die Politik in Deutschland sich bisher kaum Gedanken darüber gemacht, wie die Kommunikation sichergestellt wird. „Die sollen gefälligst Deutsch lernen“, sagt der Stammtisch – und die Innenminister-Konferenz erreicht kaum ein höheres Niveau.

In dieser Broschüre werden sieben ehemalige Kinderdolmetscherinnen, heute zwischen 18 und 23 Jahre alt, im Interview vorgestellt. Diese sowie weitere rund 50 Interviews, auch mit inzwischen erwachsenen MigrantInnen bilden die Grundlage, auf der das Phänomen ‚Kinderdolmetscher‘ hier vorgestellt wird. Die interviewten Jugendlichen wurden genauso wie andere ehemalige KinderdolmetscherInnen zu Treffen eingeladen, soweit sie Interesse hatten, jetzt oder später als „richtige“ DolmetscherInnen zu arbeiten. Dort wurde über das Berufsbild und die geforderten Qualifikationen gesprochen, die Unterlagen dazu finden sich ebenfalls in dieser Broschüre.

Wie funktioniert die Verständigung zwischen Einheimischen und Einwanderern in anderen Ländern? Schon ein kurzer Blick über die Grenze hilft weiter. „Kommunaldolmetscher“ heißen die DolmetscherInnen, die im sozialen und kulturellen Bereich die Sprachmittlung übernehmen. In Deutschland gibt es bisher nur einzelne, regional begrenzte Dolmetscherdienste und befristete Projekte – meistens scheitert die Einrichtung eines Dolmetscherdienstes für den Alltag an den Kosten. Doch die Kosten, die durch mangelhafte Verständigungsmöglichkeiten entstehen, sind vermutlich um ein Mehrfaches höher.