Diaphan und gedichtet

Der künstlerische Raum bei Martin Heidegger und Hans Jantzen

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Martin Heidegger und Hans Jantzen gehören zu den wichtigsten Vertretern der Philosophie und Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Seit den 1920er bis Ende der 1960er Jahre kritisierten sie vorherrschende, naturwissenschaftlich geprägte Auffassungen des Raums und entwickelten einen neuartigen Begriff. Dieser sogenannte künstlerische Raum sei ein freies Zusammenspiel von materiellen und immateriellen Bestandteilen, das als solches erst in der Wahrnehmung real wird. Die Autorin arbeitet dieses Verständnis heraus und stellt es in einen geistes- und zeitgeschichtlichen Kontext.
Neben der Bedeutung der Bestandteile und der Grenze für die Gestalt und die Wirkung des Raums kommt der des Lichts sowie Jantzens Diaphanie-Begriff besondere Aufmerksamkeit zu. Für die erörterte Raumbeschaffenheit werden Anhaltspunkte in der gotischen Kathedrale und in Werken der Bronzezeit, Dorik, Ottonik und Moderne sowie von Kindern und Laien festgestellt. Im Anschluss an zeitgenössische Theorien ergeben sich Übereinstimmungen mit dem Konzept des geopolitischen Groß-raums und einer erdbezogenen Ästhetik. Vor dem Hintergrund des Kunst- und Sprachbegriffs der Epoche wird abschließend Heideggers und Jantzens Ansicht untersucht, alle Kunst sei sprachlich, sowie inwiefern sich diese Sprachlichkeit räumlich manifestiert. Die Zusammenführung von Jantzens Analyse ottonischer Wortbilder mit Heideggers Auslegung moderner Dichtung und Bildkunst zeigt, dass deren Raumbegriff unabhängig von politischen Bezügen bestehen kann.