Die Blauen Bücher

Eine nationale Architekturbiographie?

von

‚Die Blauen Bücher‘ aus dem Verlag Karl Robert Langewiesche gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts; 1910 erscheint mit ‚Deutsche Dome des Mittelalters‘ von Wilhelm Pinder der erste Architekturbildband der Reihe. In den kommenden Jahrzehnten fungiert in ihr die Architektur als Leitmedium deutscher kultureller Identität: ‚Die Blauen Bücher‘ entwerfen eine populäre nationale Architekturbiographie.
Die in den Bänden publizierten Bilder erzeugen einen visuellen Kanon des kollektiven Gedächtnisses. Von zentraler Bedeutung ist dabei zunächst die Auswahl relevanter Orte, Bauten und Räume. Durch Ausschnitt und Retusche werden die Fotografien der Objekte sodann zu eigenständigen Originalen von bemerkenswerter Qualität und Einheitlichkeit. Die darin gleichsam abstrahierte Architektur entfaltet eine porträthafte Wirkung, wird zum Typus überhöht, fördert das Erinnern und schafft so die Voraussetzung für einen gestaltenden Umgang mit dem geschichtlichen Besitz.
Britta Fritzes systematische Erforschung von teilweise bislang unveröffentlichtem Quellenmaterial ermöglicht den ungefilterten Blick auf den Verleger und seine Autoren. Vor allem aber hebt ihre Analyse einen architekturhistorischen Schatz von gesellschaftlicher Relevanz, ohne dessen Kenntnis eine Diskussion über zeitgenössische Architektur einer wesentlichen Grundlage entbehrt.