Die Einsamkeit der Dohlen

Prosa

von

Sie müsste endlich lernen, großartig egoistisch zu sein. Wie kann eine Autorin bedeutende Werke schaffen, wenn sie immerzu Dienstleistungen im Kopf hat, eine Art Helfersyndrom. Wenn sie meint, so oft wie möglich so etwas wie Nächstenliebe üben zu müssen. Schon fällt der Stift aufs Papier. Das Telefon.
Kannst du mal? Natürlich kann sie. Wie könnte sie leben, wenn sie der Frau am anderen Ende der Stadt eine Absage erteilte? Egoistisch würde sie sich selbst beschimpfen und das Höllenfeuer schon im Nacken spüren.
Ach was, Höllenfeuer! Daran glaubte sie nicht. Mit dem Gartenschlauch würde sie das Feuer zum Erlöschen bringen, mit dem Teufel rasch einen Tanz durch den Park drehen, damit er sie in Ruhe lässt, Ruhe, in der sie schreiben will. Sie ist doch Autorin. Sie kann sich nicht hinsetzen und dösen. Sie kann das wirklich nicht. Wenn sie sich zurücklehnt, dann schwingt die Luft. Worte kommen angerauscht. Lachend reichen sich Buchstaben die Hände und rufen: Du darfst!