Die Geschichte der Heilkunde

Magie, Religion, Ethik, Mystik, Philosophie und Wissenschaft. Eine historische Einführung in die Medizin - nicht nur - für Studierende, Heilkundige und Ärzte

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Die Geschichte der Medizin ist gleichzeitig auch eine Geschichte der Magie, der Dämonen, der Spiritualität und der Heilkundigen. Jedes Kulturgebiet ist gewachsen – auch wenn es uns heutzutage ‚isoliert‘ entgegentritt. Will jemand ein einzelnes Gebiet beherrschen, dann darf er sich deshalb nicht damit begnügen, nur ihre heutige Erscheinungsform zu untersuchen. Stattdessen muss er ihre inneren Bedingungen und auf andere Kulturkreise hinweisenden Beziehungen bedenken und auf Bedeutung, Wirkung und Wert zu prüfen. Dies insbesondere dann, wenn es sich um einen ‚konservativen‘ Beruf handelt (bei dem oft behauptet wird, dass sich neue Techniken nur dann durchsetzen, wenn die ‚alten Ärzte‘ aussterben).
Unsere Kultur ist wie ein mächtiger Baum. Seine unentwirrbaren Zweige gehen auf immer weniger Äste und schließlich auf den gemeinsamen Stamm zurück, dessen vielverzweigte Wurzeln ihre Lebenskräfte aus demselben Erdreich, der menschlichen Persönlichkeit, ziehen. So entfernt auch viele seiner Äste von dem Mutterboden scheinen, so ist doch dieser Zusammenhang die eigentliche Quelle ihres Lebens.
Diese Überlegungen liegen demjenigen vielleicht am fernsten, der eben im Begriff steht, dieses Gebiet als spätere Berufs- und Lebensarbeit zu betreten. Was er davon kennt und was ihn bestimmt hat, es gerade für sich zu wählen, das sind ja – in der Regel wenigstens – die Eindrücke, die er bisher vom ‚heutigen Arzttum‘ erhalten hat, und je intensiver er sich zu seiner ‚Berufung‘ hingezogen fühlt, um so lebhafter wird er nach der Kenntnis der Einzelheiten fragen. Ob er dies nun rein wissenschaftlich oder technisch macht, immer wird es eine neue Art des geistigen Erfassens und Arbeitens nötig machen. Je weiter er in seinem Studium voranschreitet, um so mehr wird ihn diese Einstellung seines Geistes beherrschen und er gewöhnt sich schon bald daran, diese als etwas Gegebenes anzusehen. Gerade die geistigen Berufe, die letztlich in praktischen Betätigungen münden, geben zu dieser Richtung am ehesten Anlass. Und deshalb ist es so wichtig, sich über die Bedingungen ihrer Entwicklung klar zu werden.
Oft sind Heilkundige schon vor Berufsergreifung von einer Menge Vorstellungen erfüllt. Aus miterlebten Einzelbeispielen, sind ihm „Krankheit“ und die vielgestaltigen Methoden ihrer Feststellung oft bereits bekannt. Genauso wie die verursachenden Probleme und die vielfältigen Versuche zu ihrer Heilung. Die sich immer weiter ausbildenden Techniken der Behandlung sind begreiflicherweise Gegenstand auch allgemeinen Interesses. Aber in der Medizin geht es nicht nur um eine Zusammenstellung biologischer Beobachtungen und ihrer gesetzmäßigen Verknüpfung zur Aufdeckung der Vorgänge des gesunden und kranken Lebens. Sie steht in Beziehung zu all ihren entwicklungsgeschichtlichen Zielen und deren Philosophien, die als Ganzes verstanden, gelernt und geübt werden sollte. Gerade das Erkennen der inneren Zusammenhänge all ihrer Quellen gibt uns den Schlüssel zu ihrem tiefsten Wesen und macht erst den wahren Arzt und Heilkundigen aus.
Aufgabe dieses Buches ist es, Verständnis für diese Kräfte zu wecken. Um dies zu erfüllen, versuchen wir, die Grundlinien ärztlichen Denkens und Handelns in ihren ersten Anfängen aufzuzeigen, um sie von da ab in ihrer geschichtlichen Weiterbildung und Verzweigung zu verfolgen und so allmählich zum Verständnis ihrer heutigen Ausgestaltung zu gelangen.