Die Glasfenster von Chartres

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Chartres war im Mittelalter das wichtigste Pilgerziel in Frankreich. Dass aber vor 800 Jahren in der großen Kathedrale eigens für die Pilger ein ganzes Fenster geschaffen wurde, lässt uns heute staunen. Es ist das Fenster des barmherzigen Samariters. Samariter? Aha, denkt man, eine Predigt über Nächstenliebe. Weit gefehlt! Zwar geht es offensichtlich um Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Mitleid – aber es geht noch um viel mehr. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, eine ins Bild gebrachte Menschheitsaufgabe, wird bereits im Fenster selbst ausgelegt und theologisch hinsichtlich der Schöpfungsgeschichte gedeutet. Adam wird so zum Urpilger. Sophia-Janet Aleemi stellt diesen spannenden mittelalterlichen Weg dar und interpretiert auf überzeugende Art die einzelnen Medaillons nach der Methode der Schule von Chartres. Dabei kommt sie wieder zu überraschenden Entdeckungen ungeahnter Zusammenhänge. In bestechend klarer Gedankenführung begleitet sie den Leser auf einem anspruchsvollen reinigenden Pilgerweg zu den Wurzeln des Menschseins und führt ihn zugleich zu einem Verständnis für das Zukünftige, das in diesem jahrhundertealten Kunstwerk zu finden ist.