Auf den Dichtungen von János Arany gründet die moderne ungarische Literatur wie die deutsche auf Goethe. Er wird gerühmt für seinen ungeheuren Wortschatz, fehlte ihm dennoch ein Wort, so hat er es erfunden für die ruhig vor sich hinfließende Melodie seiner Dichtung, die Kraft seines lyrischen Erzählens. Er hatte das empfänglichste Ohr für den Gesang in den Dingen. Ultrakonservative wie Postmoderne – sie alle schwören auf ihn. Sein 200. Geburtstag 2017 wurde in Ungarn wie ein Staatsfest gefeiert.
Das Fest zum 200. Geburtstag seines Freundes Sándor Petőfi (1823–1849) aber wird international mehr Aufsehen erregen. Der gilt als der ungarische Heinrich Heine, als Stimme der Revolution 1848/49, brannte jeden Tag seines kurzen Lebens, stürzte sich in die Liebe, kämpfte fanatisch für die Freiheit und starb heldenhaft auf dem Schlachtfeld. Im Gegensatz dazu durchzieht beharrliche Resignation das Werk von János Arany. So ist die tiefe Verbundenheit zwischen ihnen erstaunlich. Beide ahnten im Anderen die Vervollständigung ihres eigenen Charakters. Petőfi verglühte im Feuer, Arany entschied sich für den nicht unbedingt einfacheren Weg des Lebens. In seiner Melancholie schwelt und glimmt das Feuer des Freundes weiter.
Sein Werk wurde schon zu Lebzeiten mit viel Feuerwerk gefeiert. Ihm war das zuwider: »Und dieser Ruhm, wie ich ihn haß …« Er zog sich zurück in die Einsamkeit. Hölderlin vergleichbar, sucht Arany wie ein Eremit auf der Margareteninsel in Budapest die schützende Gesellschaft der Natur. Nur Eichen sind mein Ort, heißt es bei ihm. Wilhelm Droste – Übersetzer von Endre Ady und János Terey – macht die leise, feine Stimme von János Arany in seiner deutschen Nachdichtung endlich laut vernehmbar.
- Veröffentlicht am Mittwoch 15. September 2021 von Arco
- ISBN: 9783965870277
- 260 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik