Die Idee des Friedens und der Pazifismus

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Scheler wirft vier Fragen auf: Ob ewiger Frieden menschenmöglich sei, ob es eine „kulturelle Evolutionstendenz“ zur Verwirklichung des Ideals des ewigen Friedens gebe, ob ewiger Frieden in der Gegenwart absehbar sei, z.B. anhand der pazifistischen Strömungen und ob es Institutionen gebe, die das Ideal realisieren könnten. Er beantwortet diese Fragen wie folgt: Kampf sei eine anthropologische Konstante, Krieg nicht. Es gebe zwar Anzeichen für einen kulturellen Wandel vom „Recht der Macht“ zur „Macht des Rechts“. Die pazifistischen Strömungen, vor allem der derzeitige (1931) „liberal-freihändlerische Pazifismus“, seien nicht geeignet, das Ziel zu erreichen; durch freien Handel erlöschten die Motive für Kriege nicht. Auch hinter dem Völkerbund stehe der westeuropäische „Großkapitalismus“, also nicht die „Menschheit“. So sei auch die Friedenskonferenz in Washington 1921 nur als Vorspiel weiterer Weltkriege zu werten. Auch marxistischen Bestrebungen, den Frieden auf der Basis von Revolutionen zu erreichen, erteilte er eine Absage. Die Befriedung der Welt durch eine einzige Großmacht sah er als ausgeschlossen an.