Die Legende vom unsterblichen Hugo Sterber

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Harry Stroh ist ein etablierter Foodwriter und veröffentlicht im Sachbuchverlag seiner Frau Lore seit Jahrzehnten kontinuierlich Kochbücher, kulinarische Reiseberichte und sonstige „Ess-Geschichten“. Verlag und Familie leben gut von diesem Geschäft, aber Harry fühlt sich dabei literarisch unterfordert. Seit jeher tendiert er zur Belletristik, allerdings nur im Geheimen, weil Lore eine Aversion dagegen hat. Sie mag zwar Literatur, aber nicht deren Produzenten. Alle Schriftsteller, die sie kennenlernte, stellten sich als selbstgefällige, trunk- und drogensüchtige, unberechenbare und unhöfliche Egomanen heraus, mit denen sie nichts zu tun haben wollte. Trotzdem ist Harrys literarischer Schaffensdrang unwiderstehlich. Er findet schließlich einen genialen Ausweg. Seit seiner Schulzeit ist er mit Hugo Sterber befreundet, einem „Nichtsnutz“, wie Lore ihn bezeichnet, einem „Loser“. Tatsächlich strahlt Hugo all das aus, was Literaten für Lore so unerträglich macht. Er säuft, kifft und fixt, schockiert und provoziert mit seinem Verhalten sein Umfeld. Hugo, der künstlerisch vollkommen unbegabt ist, wäre als literarischer Avantgardist rein äußerlich durchaus authentisch. Harry nützt diesen Umstand aus. Schließlich weiß ja niemand, dass Hugo KEIN Schriftsteller ist, sondern Zeit seines Lebens ein gesellschaftlicher Außenseiter mit verkorkster Kindheit und desolatem Elternhaus, der sich notfalls sogar mit Prostitution über die Runden bringt. Harry, der sich um Hugo immer schon gekümmert hat, macht ihn zu seinem „Strohmann“. Harry schreibt also insgeheim Prosa und Hugo tut so, als hätte er sie geschrieben. Ein wunderbarer Deal, der beiden hilft.