Die letzten Tage einer Lehrerin an Bord der SSS Aerosol

eine satirische Novelle

von

Das erste Mal in meinem Leben fungiere ich bei der Veröffentlichung eines Textes nicht als Autorin sondern als Herausgeberin. Die Begleitumstände, die mir das Manuskript in die Hände spielten, sowie der Inhalt der Erzählung ließen mir keine Wahl. Eine Welle schwemmte mir nämlich vor wenigen Wochen während eines Strandspaziergangs eine Flaschenpost vor die Füße. Weil es einiges Geschick erforderte, die eigenwillige Buddel aus milchig grünem Glas mit der Aufschrift Aquavit zu öffnen, ohne sie zu zerschlagen, atmete ich erleichtert auf, als das Schriftstück unbeschädigt und trocken in meinen Händen lag.
Die mit goldglänzendem Frauenhaar umwickelte Textrolle entpuppte sich als bissig-humoristische Novelle, deren rotzige Unverschämtheit mich amüsierte. Zugleich reagierte ich betroffen auf die Tragik und philosophische Deutung des Handlungsstrangs. Sprachliche Raffinesse und Spannungsbogen ließen den Schluss zu, dass ich kein literarisches Debüt in Händen hielt, wenngleich die gewählte Form lediglich der eines wöchentlich erfolgten Logbucheintrags entsprach. Der Name Robina Crusa legte zudem nahe, dass die Autorin ein Pseudonym verwendet hatte: lustig wie bedeutungsschwanger, in jedem Fall originell. Der Titel „Die letzten Tage einer Lehrerin“ deutete auf ein dem Meer überantwortetes, literarisches Testament hin. Offenbar konnte die Autorin selbst für ihren Text nichts mehr tun. Mein Eindruck verfestigte sich beim Lesen.
Der literarischen Qualität der Erzählung verpflichtet, veröffentliche ich die Novelle ungekürzt und ohne Lektorat.

Duanna Mund