Die Unersetzbaren

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Die Psychoanalytikerin und Philosophin Cynthia Fleury zeigt in ihrem streitbaren Essay, wie die Unersetzbarkeit im Zentrum nicht nur von Subjektivierung und Individuation, sondern auch der Festigung des Rechtsstaats und der Demokratie steht.

Wir sind nicht ersetzbar. Der Rechtsstaat ist nichts ohne die Unersetzbarkeit der Individuen. In der philosophischen Kritik wird das Individuum nicht selten als Grund für die Atomisierung der Gesellschaft und als Gegenpol zu den Werten und Prinzipien des Rechtsstaats ausgegeben. Doch die Demokratie braucht freie Subjekte, den Einsatz der Individuen und ihre Entschlossenheit, um ihr dauerhaftes Bestehen zu sichern. Nicht die Normalisierung wird die Demokratie schützen, sondern die Individuen, die sich für die Demokratie einsetzen, werden es tun. Das setzt Individuation voraus, nicht Individualismus. Die Sorge um den Rechtsstaat als Spielart der Sorge um sich ist daher sowohl ein philosophisches als auch ein politisches Problem. In einer Gesellschaft, in der die Menschen der Macht so leidenschaftlich verbunden sind, als sei sie das Reale selbst, lädt uns das Engagement für die Festigung der Demokratie ein, die religiöse Demut von der Macht fahrenzulassen.