„Die Wirklichkeit, nur stilisiert“

Die Filme des Ulrich Seidl

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Ulrich Seidl eilt der Ruf voraus, ein „Enfant Terrible“ des Doku¬mentarfilms zu sein – ein Regisseur, der die Wirklichkeit so lange manipuliert, bis sie in sein Bild von Wirklichkeit passt und damit zur „Wirklichkeit, nur inszeniert“ wird. Aber ist die Wirklichkeit als solche nicht schon an und für sich ein Konstrukt?
Seidl hat mit seinen Werken immer wieder provoziert. Nach seinem Film DER BALL fliegt er von der Filmhochschule, nach TIERISCHE LIEBE erhält er einerseits Lob durch Werner Herzog, der beeindruckt feststellt, „im Kino noch nie so geradewegs in die Hölle geblickt“ zu haben, andererseits wird er als Vampir betitelt, der Menschen aus dem Kuriositätenkabinett vor die Kamera zerrt und Sozialpornogra¬phie betreibt. Erst als Seidl mit MODELS und später mit HUNDSTAGE beginnt, nicht mehr explizit Dokumentarfilme zu drehen, wendet sich das Blatt und er erlangt international Anerkennung. Ulrich Seidl inszeniert die Wirklichkeit neu und löst so die Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm immer wieder auf.
Florian Lamp untersucht Ulrich Seidls Filme von EINSVIERZIG (1980) bis JESUS, DU WEISST (2003) und legt dadurch nicht nur die zentralen Entwicklungslinien im Oeuvre des österreichischen Regisseurs frei, er hinterfragt auch kritisch den von Seidl selbst für sein Verfahren verwendeten Begriff der „Faction“. Abgerundet wird der Band von einem ausführlichen Interview, das der Autor mit Ulrich Seidl in Wien geführt hat.