„Nun, eine Fotografie entsteht immer durch die spontane Reaktion auf sich selbst.“ Robert Frank, 1958
Reportagen und Dokumentationen zählen zu den ältesten, aber auch zu den umstrittensten Genres der Fotografie. An ihnen manifestierte sich schnell eine Kritik, die einerseits auf den impliziten Realismus abzielt, andererseits aber auch auf die soziale Konstruktion, also den Raum hinter der Kamera, der systematisch ausgeblendet würde. Beides ist nicht Geschichte, aber die Genres sind offener geworden, durchlässiger für andere Formen und reflektierende Elemente. Auch die Themen haben sich geändert. Nicht das Spektakuläre, sondern das „So nicht Gesehene“ interessiert. Auf diesem Weg ist die Angst vor der Banalität verschwunden und eine diskrete Aufmerksamkeit wird nun offensiv eingefordert.
Der vorliegende Band versammelt daher höchst unterschiedliche Interpretationen dieser beiden Genres, Fait divers aus unseren visuellen Welten. Gemein ist ihnen Freiheit der Form: Inszenierte Passagen wechseln mit klassisch dokumentarischem Blick, intime Nähe wird kontrastiert mit Distanz und Lust am Unbekannten. Verbunden werden sie durch das, was Fotografie schon immer begleitete: die Lust am „So noch nicht Gesehenen“. Und manchmal ist es – etwa in den Bildern vom Münchner Oktoberfest – noch nicht einmal das Objekt selbst, was fasziniert, sondern der illuminierte Himmel, den man zwar kannte, auf diese Weise aber noch nie wahr genommen hat.
Am Ende steht die keineswegs triviale Erkenntnis, dass Fotografie in ihren gelingenden Momenten eine „spontane Reaktion auf sich selbst“ (Frank) ist, kein Einschnitt, sondern ein Ausschnitt von Welt und Ich.
- Veröffentlicht am Dienstag 1. Mai 2012 von dienacht Publishing
- ISBN: 9783981511918
- 144 Seiten
- Genre: Film, Fotografie, Hardcover, Kunst, Softcover, TV, Video