Kinder von russischen Soldaten sind bisher in der deutschen Öffentlichkeit nicht präsent. Es war ein Tabu über sie zu sprechen, zu schreiben. Erst langsam nimmt sich die Sozialforschung dieses Themas an. In diesem Buch beschreiben erstmalig 14 Russenkinder ihre Erlebnisse und Gefühle. Das Besondere daran: Sie klagen nicht an!
Die 14 Autoren haben allesamt Väter, die im II. Weltkrieg in der Roten Armee dienten. Trotz Verbots gingen vornehmlich Offiziere am Ende des Krieges und in der Nachkriegszeit ein Liebesverhältnis mit deutschen Frauen ein und zeugten Kinder. Die Beziehungen blieben nicht geheim und so verschwanden alle Väter schnell aus dem Leben der Mütter. Wenn die Männer Glück hatten, wurden sie nur strafversetzt. Wenn nicht, dann …. Einige weitere Russenkinder wurden nicht in Liebesbeziehungen gezeugt, sondern sind durch Vergewaltigungen entstanden.
Von der deutschen Bevölkerung wurden alle diese Frauen und Kinder lange mit Argwohn und Verachtung behandelt. So entstand für die Mütter eine Mauer des Schweigens. Auch innerhalb der Familien war das Thema damit lebenslang tabuisiert. Mütter und Kinder redeten ein Leben lang nicht über die Väter. Darunter leiden diese Kinder noch heute. Häufig wusste aber die gesamte soziale Umgebung davon; nur das betreffende Kind nicht. Für Kinder eine weitere kaum tragbare Hypothek, wenn sie durch offene Ablehnung („Bastards“) davon erfahren haben.
Die Kinder wuchsen aber nicht nur mit dem Makel der Unehelichkeit auf. Erschwerend kam der Makel des Feindeskindes hinzu. Ein am 9.2.2015 erschienenes Buch mit dem Titel „Bankerte“ (abwertend Bastard) verstärkt auch heute noch den Makel, den keines dieser Kinder selbst verantworten muss. Kinder, die ihr Leben einer Vergewaltigung verdanken, melden sich noch seltener zu Wort. So sind auch im Buch nur drei Berichte vertreten. Einmal mit positiver Stimmung am Ende des Lebens, einmal ist erkennbar, wie die Vergewaltigung immer noch zu einer depressiven Grundhaltung führt.
Eine Gruppe von Russenkindern – liebevoll poetisch Distelblüten genannt, hat die eigenen Lebenserfahrungen positiv dargestellt. Der Titel geht auf eine Zeichnung eines Künstlers aus den Niederlanden zurück, der für die Autoren zwei Bilder schuf. Eines zeigt einen Stahlhelm der Roten Armee, aus dem eine Distel wächst. Es ist eine Distel, aus der eine Rosenblüte erwächst. Dieses Bild schmückt das Cover des Buches.
Der Anfang der Textsammlung war für die Autoren schwierig, doch die Veröffentlichung der eigenen Vita wurde dann als Befreiungsschlag erlebt. Jede Geschichte ist in der eigenen Erzählweise geschrieben, man hört praktisch den Erzähler sprechen. Teils bedrückend, unfassbar, was geschehen ist, aber mit nicht verzagendem Ausgang lebensbejahend geschrieben.
Es ist ein außergewöhnliches Buch. Bereits vor seinem Erscheinen im März 2015 hat es besonderes Interesse erhalten. Der Text lag nur wenige Stunden bei einem renommierten deutschen Journal vor. Dann wurde dieser Buchtext exklusiv Grundlage eines Artikels, der im Mai 2015 in GEO erschienen ist. Im Familienjournal von Kirche und Leben (Münster) wurde am 10. Mai über die Entstehungsgeschichte des Buches berichtet. Fernsehbeiträge im MDR und bei Radio Bremen, Presseberichte (dpa, Welt…), Radiosendungen lassen sich leicht googeln. Bisher gilt das Buch als Geheimtipp. Weitere und aktuelle Informationen zum Buch finden Sie unter www.russenkinder-distelblueten.de
- Veröffentlicht am Samstag 3. Oktober 2015 von con-thor Verlag
- ISBN: 9783944665047
- 132 Seiten
- Genre: Geschichte, Sachbücher, Zeitgeschichte (1945 bis 1989)