Sophie Tieck-Bernhardis erster Roman, »Julie Saint Albain«, erschien 1801 anonym. Erzählt wird die Geschichte der jungen Julie, die unvorbereitet in die Welt der Pariser Galanterien eingeführt wird und als Objekt der Begierde um ihre Tugend bangt. Im poetischen Verwirrspiel der Gefühle stehen Verführungsszenarien und Intrigen der Suche nach der echten Liebe gegenüber. Julies Gefühlswelten sind instabil. Im Namen der ›Natur‹ fordert sie die für die Romantik konstitutive Befreiung der Empfindungen und Phantasien aus dem Korsett der Weiblichkeit. Kontrastiert wird die Haltung Julies durch die Auffassungen verschiedener Frauen und Männer, die in Briefen über ihre Gefühlswelten reflektieren und in ihren Gefühlshaltungen eher der Aufklärung, dem Sentimentalismus oder der Romantik zuzuordnen sind. Auf diese Weise erhellt Sophie Tieck-Bernhardis Werk traditionelle bürgerliche Liebes- und Ehekonzepte ebenso wie das romantische Liebesideal und kritisiert bedeutsame Aspekte der Geschlechterordnung um 1800. – Mit ihrem umfangreichen Werk gehört Sophie Tieck zu den interessantesten Schriftstellerinnen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.
Die Schwester von Ludwig Tieck, dem berühmten Dichter der Romantik, und Friedrich Tieck, dem anerkannten Bildhauer, fand jedoch nur unter großen Schwierigkeiten zum Schreiben. Sie musste sich ihre Bildung mühsam autodidaktisch aneignen. Sophie Tiecks Werke entstanden während Schwangerschaften und unter ungünstigen gesundheitlichen Umständen. Nach dramatischer Flucht durch Europa und Scheidung lebte sie mit ihrem zweiten Ehemann im Baltikum. Sie starb 1833 in Reval.
- Veröffentlicht am Mittwoch 23. März 2011 von Ulrike Helmer Verlag
- ISBN: 9783897413214
- 216 Seiten
- Genre: Belletristik, Hauptwerk vor 1945