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Literarisches Jahrbuch der Stadt Linz

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Unter den dreiunddreißig Autorinnen und Autoren der Facetten 2018 finden sich zwei Debütanten – Friedrich Achleitner und Sophie Krügl. Der 1930 in Schalchen geborenen Doyen der österreichischen Architekturgeschichte und Klassiker der „Wiener Gruppe“ und die 2001 geborene junge Schreiberin haben trotz des Altersunterschieds von siebzig Jahren und der Erfahrungen mehrerer Schriftstellergenerationen dazwischen eine Gemeinsamkeit: Achleitners fragmentarischer Rückblick auf seine Kindheit in den 1930er Jahren und die lakonische Impression aus einer Wartehalle handeln von Aufbrüchen. Im ersten Fall führt dieser aus einer fast noch archaischen Grenzregion des Landes durch die Katastrophe des Nationalsozialismus in die Trümmerwelt Wiens der Nachkriegszeit, im zweiten aus der Gegenwart in eine noch vage Zukunft ohne nähere Angaben. Auf den ephemeren Augenblick im Zentrum reagiert der Dichter als alter Mann, der seine Texte heute mehrdeutig mit „ohne sense“ überschreibt, scheinbar gelassen: „wenn der gestank sich verduftet / wird jeder schas / zum mythos“. Der rabiate Spott darf auch politisch gelesen werden!
Erzählte und gedichtete Lebenswelten sind, so sie die Bezeichnung Literatur verdienen, für Festreden und Gedenkveranstaltungen kaum, unmittelbar gar nicht verwertbar; dennoch wurde in den diesjährigen Facetten das Augenmerk zumindest partiell auf einen Längsschnitt durch unsere Zeit gerichtet. Dies widerspricht nicht der bisherigen Gepflogenheit, mit dem Literarischen Jahrbuch der Stadt Linz einen Querschnitt der aktuellen schriftstellerische Produktion des Landes zu präsentieren. Ästhetiken und literarische Ansätze sind ebenso divergent wie die Schauplätze und Inhalte der Texte – mal voll Sarkasmus und Satire, mal geschichtsphilosophisch oder lebensweltlich getragen, mal experimentierend schräg, aber immer am realistischen Punkt.
Notgedrungen kommt es dabei auch zu Ausfällen. Der schockierend abrupte, geradezu „skurreal“ tragische Tod des Linzer Autors Walter Pilar am 1. Jänner 2018, der soeben „Lebenssee“, seine vierbändige „Entwicklungsromanesque“ vollendet hatte, hinterlässt eine Leerstelle auch in den Facetten. Ein Autorenbegräbnis als vorgezogene „Buchpräsentation“ eines Werkes, das die 2. Republik oberösterreichisch in Worte fasste, wäre nicht einmal Pilar selbst in den Sinn gekommen. Die Frage, wie es um den Wahrheitsgehalt literarischer Unternehmungen angesichts derartiger „Fälle“ bestellt ist, ist irrelevant. Nicht die Produzenten literarischer Fantasien müssen Wahrheitsbeweise erbringen, vielmehr sind Leserinnen und Leser angehalten, ein Mittel gegen die allgemein aufgeregte Apathie zu ergreifen. Denn wie heißt es bei Fritz Achleitner noch: „jo, hallo / wo san ma denn? / in linz / a so“.
(Erich Klein im Vorwort)

Texte:
Friedrich Achleitner : Aus: Ohne Sense. Mach keine Sprüche
Friedrich Achleitner : Schalchen
Martin Sturm : Walter Pilar (1948–2018)
Richard Wall : Späte Klarheit – der idealen Landschaft entwöhnt
Christian Steinbacher : Im Verleimen von Kufen
Norbert W. Hinterberger : Kommunizierende Gefäße
Lydia Haider : Die Kreuzigung meiner Großmutter
Richard Wall : Vater im Garten
David Fuchs : Tabak
Katharina Riese : Satellitentexte. Dritte Lieferung
Marie Luise Lehner : Notizen zur Staatsoper
Christoph Janacs : Das Messer
Marlen Schachinger : Gute Ru_h
Peter Landerl : Waldgedicht (Langmut)
Claudia Bitter : Fünf Gedichte
Isabella Breier : Sechs Gedichte
Herbert Christian Stöger : Drei Gedichte
Ulrike Fellnhofer-Lamm : Altäre
Hannah Bründl : Jelängerjelieber / oder: Sachverhaltsdarstellungen
Otto Johannes Adler : Werksbesuch
Andrea Drumbl : Alphabetebeten
Eva Fischer : Auf der Parkbank
Silvana Steinbacher : Umschmeichelte Wimpern
Martin Tockner : Der Nachttrinker
Wilhelm Rager : Träume &/oder Realitäten
Renate Silberer : Zwei Taschen Fernweh
Günther Kaip : Aus dem Gedränge gespült
Dominika Meindl : Im Westen
Mario Keszner : Aus: Herbst Tod
René Bauer : Helterskelter
Roswitha Watzl : Eine kleine Freundin
Sophie Krügl : Motten im Licht
Erich Klinger : Lindau, 24. Februar 2016 – Erzählung für Eugenie posthum
Oskar Aichinger : Attnang-Puchheim, Attnang-Puchheim
Peter Assmann : Norbert W. Hinterberger