Edition Lyrik der Jahrtausendwende

Gedichte

von

»Ich will mich verringern / ohne ganz zu / verschwinden«, heißt es hier einmal. Das lyrische Ich könnte auch die Lyrik selbst sein, wie sie aus den Gedichten von Tobias Herold mit schlichter, klarer Stimme spricht: Ihres alten Pathoskostüms entkleidet, flüchtet sie sich nicht ins kokett ironische Spiel mit der eigenen Verwandlung in eine Antilyrik. Was von ihr in ihrer Verkleinerung bleibt, treibt den Wettlauf zwischen Ich und Welt in eine Sackgasse der Bilder, die das Denken sich selber geschaffen hat.
Diese Bilder zeigen das Denken in seinem Eigenleben, gewissermaßen in seinen Körperaffekten: Sich selbst überlassen, lässt es für einen Moment von einem ab und läuft neben einem her, bis ein neues Spiel jenseits der alten Selbstentfremdungsringelreihen beginnt: die Redewendungen zwischen Ich und Du, beim Wort genommen, verwandeln die Scharniere der Sprache in Gelenke, an denen man sein Äußerstes nach Innen kehren kann und umgekehrt – die Innerlichkeit veräußern heißt die Kruste zwischen der Welt im Kopf und dem Kopf in der Welt aufkratzen und frische Luft hineinlassen …