Der Wunsch, komplizierte Werkstückgeometrien durch ein einfaches, abbildendes Verfahren herzustellen und die Notwendigkeit der Anwendung von neuen Technologien für die Bearbeitung von Werkstoffe, deren mechanische Eigenschaften (Härte bzw. Festigkeit) erhebliche Schwierigkeiten beim Einsatz herkömmlicher Verfahren bereiteten und demzufolge zu unwirtschaftlicher Fertigung führten, haben eine rapide Entwicklung und demzufolge eine vielfältige Anwendung der abtragenden Fertigungsverfahren gefördert. Eine Lösung dieser Probleme ist die Anwendung der Funkenerosion, da bei dem funkenerosiven Verfahren die Trennung des Werkstoffs nicht auf einem mechanischen Trennvorgang, sondern auf physikalische oder chemische Vorgänge beruht. So wird das Material durch eine Vielzahl von Entladungsvorgängen zwischen Werkzeug- und Werkstückelektrode abgetragen. Dabei können an den Entladestellen Temperaturen bis weit über 10.000° K auftreten, die das Elektrodenmaterial zum Aufschmelzen und Verdampfen bringen. Diese extremen thermischen Belastungen der Randzone führen dazu, dass in diesem Bereich – je nach Werkstoff der Elektroden – Gefügeänderungen, Entmischungen, Eigenspannungen oder Risse entstehen können. Entscheidend ist die elektrische Leitfähigkeit der zu bearbeitenden Materialien. Der Bearbeitungsaufwand und die Bearbeitungsqualität hängen von der Struktur des Werkstoffs und dessen thermischer Eigenschaften ab. In dieser Arbeit wird von einer elektrischen Gasentladung, wie sie beim funkenerosiven Bearbeitungsprozess auftritt, ausgehend, ein mathematisch-physikalisches Modell zur Wärmebeeinflussung entwickelt. Das Modell erlaubt die im Werkstück auftretenden Temperaturfelder bzw. Abkühlgeschwindigkeiten in Abhängigkeit von Raum und Zeit zu bestimmen. Die Betrachtung bezieht sich auf ein singuläres Funkereignis bei einer elektrischen Gasentladung kurzer Dauer und hoher Stromstärke. Zur Berechnung der Temperaturfelder bzw. Abkühlgeschwindigkeiten wurden zunächst die für das Modell benötigten Randbedingungen anhand von Literatur und durch Messungen an der zur Verfügung stehenden Drahterodieranlage ermittelt, und dann – unter den vereinfachten Randbedingungen – eine parabolische Differentialgleichung zur Wärmeleitung gelöst. Nach einer mathematischen Annäherung sowohl des Wärmequellenradius als auch -stroms erfolgte die analytische Lösung des Wärmeleitproblems in drei Grundschritten, und zwar
1. die Anwendung der Laplace-Transformation auf die Randbedingungen und auf die Differentialgleichung, für die Transformation der Temperaturfelder von dem Zeitbereich in den Frequenzbereich;
2. die Trennung der Variablen und Lösung des Problems unter den in den Frequenzbereich transformierten Randbedingungen;
3. die Rücktransformation der gewonnenen Lösung von dem Frequenzbereich in den Zeitbereich.
Die berechneten Temperaturfelder bzw. Abkühlgeschwindigkeiten lassen sich dann auf unterschiedliche Stromanstiegszeiten erweitern, wobei vier Fälle unterschieden wurden: Temperaturfelder bei
– zeitabhängigem Wärmequellenradius und zeitabhängiger Wärmequellenintensität.
– konstantem Wärmequellenradius und zeitabhängiger Wärmequellenintensität.
– konstantem Wärmequellenradius und konstanter Wärmequellenintensität.
– zeitabhängigem Wärmequellenradius und konstanter Wärmequellenintensität.
Als Ergebnis der Berechnungen können Temperaturfelder und Temperaturverläufe bei einer Einzelentladung in Abhängigkeit 1. von den elektrischen Parametern, 2. von den thermischen Werkstoffeigenschaften und 3. von den Randbedingungen des theoretischen Modells dargestellt werden. Es besteht dadurch die Möglichkeit, kritische Temperaturgradienten, die zu Werkstoffumwandlungen führen könnten, zu ermitteln.
- Veröffentlicht am Dienstag 15. Dezember 1998 von viademica.verlag berlin
- ISBN: 9783932756238
- 70 Seiten
- Genre: Natur, Sachbücher, Sonstiges, Technik