»Telefonat mit einem ernsthaften, leicht deprimierten Christen: Die Zeiten seien schrecklich. Ich widerspreche. Im Gegenteil, für Pessimisten seien sie wunderbar, schon weil der Zeitenlauf die eigene Position, wonach alles noch schlimmer würde, ständig ins Recht setze. Zudem bestätige sich die alte Erkenntnis, dass man nur mit Pessimisten intelligent lachen könne. Optimisten bräuchten weder Witz noch Humor, um die Realität zu ertragen; sie glaubten voll unduldsamen Eifers an den goldenen Morgen, an den Neuen Menschen, das Paradies, den ewigen Frieden und den Endsieg. Da sei amüsierte Distanz zu sich selbst nur hinderlich. Weder Lenin noch Mao oder Hitler zeigten irgendeinen Witz, auch die meisten anderen Linken würden erst im Alter klug, zynisch und erträglich; davor seien sie fast immer nervende Besserwisser. Ob Jesus Humor hatte, ob er über sich und die Welt lachen konnte, sei die schwierigste Frage. Schweigen, dann die melancholische Antwort: Wie bei uns allen – vermutlich erst am Kreuz.«
Nicolaus Fest war nicht nur als stellvertretender Chefredakteur der Bild am Sonntag eine der klügsten Stimmen im Springer-Verlag und dort bis zuletzt der Statthalter der Vernunft. 2014 kam es zur Trennung, seitdem betreibt Nicolaus Fest einen Blog, der ein wahres Glück für die Leser ist. Ohne redaktionelle Zwänge erlebt man einen Schriftsteller in Hochform, der mit seiner Chronik das nötige Jod für die sonstige mediale Verstrahlung bietet. Erweitert um ein Vorwort liegen Nicolaus Fests Aufzeichnungen nun erstmals als Buch vor.
- Veröffentlicht am Dienstag 19. Dezember 2017 von Manuscriptum
- ISBN: 9783944872704
- 568 Seiten
- Genre: Belletristik, Briefe, Tagebücher