EIKON #68

Internationale Zeitschrift für Photographie und Medienkunst / International Magazine for Photography and Media Art

Unser Tag besteht aus Bildern. Jenen, die sich vor unseren Fenstern abspielen, und jenen, die unsere Vorstellung produziert, gespeist durch Erfahrungen, Empfindungen, Befindlichkeiten. Am Ende des Tages haben wir das Gesamtbild einer Welt vor Augen, die wir selbst kreiert haben. Wer bestimmt die Realität?

„Videorama“ titelt eine Ausstellung, die aktuell in der Kunsthalle Wien zu sehen ist. Sie handelt vom panoramatischen „Alles-Sehen“ und ist durch diesen Anspruch schon weit mehr als eine Ausstellung im herkömmlichen Sinne. Aus einem Archiv von über 2.500 Videos – dem ursula blickle videoarchiv – wurden Arbeiten ausgewählt, die in dieser Schau einen Überblick über das rezente Videoschaffen in Österreich geben sollen.

Dieses Bestreben haben wir aufgegriffen, weswegen wir uns auch freuen, Ihnen in dieser 68. Ausgabe von EIKON eine umfassende Bildstrecke zu Videorama vorlegen zu können, die in enger Zusammenarbeit mit den beiden Kooperationspartnern der Ursula Blickle Stiftung, der Universität für angewandte Kunst Wien und der Kunsthalle Wien, entstanden ist.

In unseren Artist Pages stellen wir einmal mehr fünf KünstlerInnen vor, die sich auf unterschiedliche Art und Weise mit Rollen- und Weltbildern auseinandersetzen, die aktuell unseren Alltag beeinflussen. So kreiert die iranische Künstlerin SARA RAHBAR unter theatralischem Einsatz nationaler Requisiten Bilder, die die Ambivalenz von Trauer und Zuversicht aufzuheben suchen. Wir freuen uns, Shaheen Merali, Kurator der aufsehenerregenden Ausstellung über Kunst aus dem Iran, mit der jüngst die Hilger BrotKunsthalle in Wien eröffnet wurde und zu der ein umfangreicher Katalog bei EIKON/ÖIP erschienen ist, für diesen Beitrag gewonnen zu haben.

JUDITH PICHLMÜLLER (siehe auch EIKON # 66, S. 56ff.) stellt in ihren Videoarbeiten provokante Bezüge zwischen Insekten und MigrantInnen her.

Sie beschäftigt sich – wie auch Rahbar – mit dem Thema Gewalt, fragt dabei aber insbesondere nach der Gewichtung: Tier versus Mensch. LORENZ ESTERMANN ist Fotograf, Maler und Architekt, alles das vereint in seinen bildnerischen Umsetzungen von utopischen Orten, mit denen er einen phantastischen Prospekt neuer Lebensformen entwirft. Dieter Buchhart schlägt in seinem Beitrag eine Brücke zu unserer heutigen Konsum- und Luxusgesellschaft, der Estermann kunstvoll den Spiegel vorhält. FABIO ZOLLY konstruiert hingegen nicht. Er untersucht vielmehr die Welt im Zeitalter der industriellen und digitalen Kopierbarkeit. Mit seinem über Jahrzehnte „gebrandeten“ Copyright bricht er die Grenzen zwischen Objektivität und Subjektivität, zwischen Sein und Schein auf. Die Bilder Zollys sind aktuell bei Viktor Bucher in Wien ausgestellt, seine schriftlichen Ausführungen finden Sie in einem charmanten Band, der parallel zu dieser EIKON-Ausgabe bei schlebrügge.editor erscheint.

RYAN McGINLEY heißt der Shooting Star am amerikanischen Kunsthimmel, wenngleich ihn seine jüngste Serie in die „reale“ Unterwelt führt. Bekannt geworden durch unbefangene Aufnahmen seiner nackten Freunde, waren Begegnungen mit dem Tod wie der seines im Sommer an einer Überdosis verstorbenen Freundes Dash Snow bedeutsam für das von ihm neu geprägte Bild der „hippen Unschuld“ und des „Forever Young“!

Lesen Sie weiter in unserem Forum über Roland Maurmair und seine Arbeit „Rabbitism“, die bis Februar 2010 im EIKON SchAUfenster zu sehen ist und mit einer Performance des Künstlers eröffnet wird. Performance ist übrigens auch das künstlerische Medium, dem die Fotogalerie Wien ihren diesjährigen Zyklus widmet (EIKON berichtet auf S. 91f.).

Weiters erfahren Sie über die Forschungen von Johan Swinnen in Bangladesch, die eine neue Sichtweise auf Fotografie offenbaren (sein spektakulärer Band „Majority World Photography“ erscheint im Juni 2010), über GAMA, die neue Plattform zur Vernetzung von Medienkunst-Datenbanken, eine Groß-Auktion zeitgenössischer Fotografie bei Westlicht, die mexikanische Colección Jumex im MUMOK, Indien in Wien, Darkside in Winterthur und … vieles mehr.

In diesem Sinne wünschen wir viel Freude mit Ihrem EIKONrama