EIKON #76

Internationale Zeitschrift für Photographie und Medienkunst / International Magazine for Photography and Media Art

Wenn JOHN HILLIARD seine Fotokamera in die Luft wirft, ist dies kein Zornesausbruch, sondern vielmehr der Beginn einer systematischen Untersuchung.

So war es auch seit dem Gründungsjahr 1991 Anliegen dieser Zeitschrift, das Medium Fotografie sowie die Medienkunst systematisch und konsequent zu untersuchen. In dieser 76. Ausgabe von EIKON, der vierten in unserem 20. Jahr, stellen wir einmal mehr fünf KünstlerInnen unterschiedlicher Nationen vor, die auf bemerkenswerte Art und Weise zu aktuellen Entwicklungen und Trends Stellung nehmen und Position beziehen oder, so wie der Brite John Hilliard, das Wesen der Fotografie aufzuspüren suchen. Die New Yorker Künstlerin TARYN SIMON – zurzeit von der Tate Modern mit einer Soloshow bedacht – beweist mit ihren Serien von Blutlinien und Totgeglaubten, dass Fotografie beides ist, Wahrheit und Fiktion. Soziale Krisen und politische Spannungen sind Grundlage der Videoarbeiten des Niederländers AERNOUT MIK. Sein multiperspektivisches Nebeneinander zeigt die Gesellschaft im Wandel und lässt das Alltägliche surreal erscheinen.

Die Paradoxie von Ding und Unding – wie Andreas Spiegl in seinem Essay schreibt – ist das Motiv der Arbeiten JULIA MÜLLER-MAENHERs. Ihre soziographischen Untersuchungen eines Schuhimperiums führen uns vor Augen, dass in jedem Ding auch sein Gegenteil enthalten ist. Und ROMAN PFEFFER sieht die Dinge noch einmal anders. In seinen hochästhetischen Fotografien wird das Alltägliche zum Kunststück und dafür schon einmal ein Kronleuchter in zwei Hälften gespalten.

In unserem Forum baten wir Martin Guttmann, den neuen Leiter der Fotoklasse an der Akademie der bildenden Künste in Wien, zum Interview, in dem er vom Widerstand gegen den netzbasierten Pop spricht und darüber, wie Studenten die Welt verändern können. Maria Rennhofer debattiert mit der Autorin Kathrin Röggla über deren neueste Romanidee zu den Revolutionen in der arabischen Welt, und Thomas Licek erzählt vom Mammut-Unternehmen, ein Kompendium der gesamteuropäischen Fotogeschichte herauszubringen.

Dann: ein Festival der Electronic Arts in Istanbul, ein Nachruf auf den Fotografen Bernhard Blume und wieder ein beachtliches Ausstellungspanorama mit Fotokunst aus Island, aus Russland und Flower Power in Innsbruck. Und schließlich am Ende dieser Ausgabe die gewohnten zwei Seiten ausgewählter Delikatessen vom Bücher- und Videomarkt.

Guten Appetit wünscht in diesem Sinne

Ihr EIKON-Team
mit Elisabeth M. Gottfried