EIKON #82

EIKON. Internationale Zeitschrift für Photographie und Medienkunst / International Magazine for Photography and Media Art

Passend zum nahenden Sommer streuten wir Blumen, genauer „Aquilegia (weiße Akelei)“ von ANNABELLE FÜRSTENAU über das aktuelle Heftcover aus. Die abgebildeten Blütenstände wurden dem peniblen Blick von Großbildkamera und Künstlerin unterzogen und in ein bis ins kleinste Element gesplittetes, fotografisches Herbarium übersetzt. Die nahezu kalligrafischen Teilchen rufen Assoziationen zur strengen wissenschaftlichen (Bild-)Sprache eines Karl Blossfeldt wach und changieren, in Zeilen aufgereiht, zwischen undechiffrierbarer Schrift und Ikon.
ANRI SALAs künstlerische Arbeiten, Videos und Installationen, kreisen auf einer anderen Ebene ebenso um die Problematik der Lesbarkeit, etwa bei „Answer me“, einem filmischen Werk, in dem eine fortwährend gestellte Frage der Protagonistin aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten unbeantwortet bleibt. Als Repräsentant Frankreichs auf der diesjährigen Venedig-Biennale thematisiert Sala in dem dort gezeigten Projekt „Ravel Ravel Unravel“ gleichfalls die Kommunikation als Phänomen an sich.
Der Multimedia-Künstler DOUG AITKEN beschreitet wieder andere Wege des Kommunizierens und kehrt die Rollen von Adressant und Adressat schlichtweg um, wenn er das Kunstwerk auf den Betrachter antworten lässt: So reagiert die permanente Installation „Mirror“, die sich seit Ende März an der Fassade des Seattle Art Museums befindet, kaleidoskopartig und wie ein „lebendes System“ (Aitken) auf Passanten, Verkehr und Wetter.
Werden Städte gemeinhin als Schnittpunkte der Kommunikation verstanden, so bezeugen GREGOR SAILERs Dokumentationen des urbanen Raums, dass auch städtische Strukturen existieren, die diesem Konzept zuwiderlaufen. Für seine neueste Serie „Closed Cities“ gelang es dem Fotokünstler dank intensiver Recherchen und seiner Beharrlichkeit, sechs auf drei Kontinenten verteilte, der Öffentlichkeit unzugängliche abgeschlossene Systeme fotografisch zu erfassen.
SISSA MICHELI hingegen erweckt eine unbewohnte 30er-Jahre-Villa wieder zum Leben, indem sie diese zur Bühne eigener, sowohl zeitlich als auch inhaltlich konstruierter Geschichten macht. Mithilfe der Medien Film, Installation und Fotografie kreiert sie u.a. Regieanweisungen für einen (noch) nicht gedrehten Film, denen nachzukommen möglicherweise auch zur Sache des Rezipienten werden könnte. – Wir wünschen viel Spaß!

Ihr EIKON-Team
mit Nela Eggenberger