Editorial
Elisabeth M. Gottfried
Jene Bilder Gustav Klimts, die als Fall „Klimt/Bloch-Bauer“ bereits jahrelang die Grundlage eines Rechtsstreits darstellen, bewegen seit mehreren Wochen wieder heftig die Medien. Aber selbst ein einfaches Verkaufsgespräch in einer kleinen Wiener Innenstadtboutique kann momentan in einer kulturpolitischen Diskussion münden, wenn man nämlich aufgrund der wirtschaftlichen Parallele dazu geneigt ist, den Wert eines Kleidungsstückes mit jenem eines weltberühmten Kunstwerkes zu vergleichen. Denn in beiden Fällen geht es nicht nur um die Qualität des „Kleides“, sondern auch um die Person, die es trägt. Die Frage, ob man Kleid und Träger trennen kann, ohne dass das Kleid seinen Wert verliert und der Träger nackt da steht, wird unabhängig von dem Ausgang der aktuellen Debatte eine ewige bleiben.
Das Künstlerduo CLEGG & GUTTMANN findet für seine Portraits in den Bildern Gustav Klimts eine inspirative Quelle. Während es sich bei den metallischen Hintergründen der klimtschen Portraits jedoch um rein dekorative Embleme handelt, fungieren jene von Clegg & Guttmann als Metapher für alle möglichen Trugbilder und Beleuchtungen. Dass dabei einem Wiener Rindsknochen die gleiche Stellung zuerkannt wird wie einem österreichischen Kunstsammler, rückt wieder die Frage nach dem Wert in den Rezeptionsradius. Und dass die Portraits einer Adele Bloch-Bauer frei von jeglicher soziologischer Durchdringung sind, hingegen die Arbeiten von Clegg & Guttmann sehr wohl die Beziehungen zwischen Kunst und gesellschaftlichen Machtverhältnissen spiegeln, lassen in Anbetracht des Falles „Klimt/Bloch-Bauer“ die Gedanken mit den Begriffen Zufall und Bestimmung spielen.
PAUL KRANZLERS Arbeiten sind ebenfalls Portraits. Der soziale Hintergrund des Jungen Thomas R. wird hier zum Vordergrund der künstlerischen Reportage, die sich aus dem an der Nahtstelle zwischen ländlicher Tradition und internationalem Stil operierenden Projekt „Land.Jugend“ entwickelt hat. Nicht im Einzelbild, aber in der Serie wird Kranzlers Anliegen sichtbar, das nicht der Denunziation gilt, sondern vielmehr dem Sichtbarmachen einer Realität, deren Schönheit nicht in der Ästhetik zu suchen ist.
Das Gemeinsame der Arbeiten von HUBERT SCHEIBL und DAVID THOMAS liegt im fotografischen Ausgangsmaterial und dessen Verarbeitung durch zusätzliche künstlerische Mittel. Während Scheibls Foto-Zeichnungen von seinem Suchen und Assoziieren erzählen und – mehr als Skizzen es könnten – diese andere Wirklichkeit beschreiben, werden sie zur ideellen Grundierung seiner großformatigen Malereien. Bei Thomas hingegen dienen die anekdotischen Fotografien als sichtbarer Hintergrund für eine monochrome Malerei, die den Betrachter zum Innehalten einlädt und die Reflexion des Zeitbegriffes fordert. David Thomas ist Vertreter eines Landes, deren fotografischer Szene es an internationaler Bekanntheit noch ein wenig mangelt, was uns dazu veranlasst hat, dieses Land unter die fotografische Lupe zu nehmen: Der Künstler Christoph Dahlhausen machte sich in Australien exklusiv für EIKON auf die Suche nach bemerkenswerten Künstlern und wichtigen Häusern und fand dabei auch Gelegenheit zu einem Interview mit Alasdair Foster, Leiter des ältesten australischen Ausstellungsraumes für Fotografie, dem Australian Centre for Photography (ACP) in Sydney.
In der letzten Ausgabe von EIKON galt unser besonderes Augenmerk Spanien, in dessen Metropole Madrid im Februar bereits zum 25. Mal die internationale Kunstmesse ARCO stattfand. Dieses Jahr war Österreich als Gastland eingeladen und EIKON zum ersten Mal mit dabei.
In einem repräsentativen Rahmen wurde 22 Galerien sowie fünf Kunstzeitschriften unseres Landes die Möglichkeit geboten, österreichische Positionen international zu vermitteln.
Besonders in den Bereichen Fotografie und Medienkunst gab es ein umfassendes Rahmenprogramm, was neben den vielen Organisatoren auf spanischer und österreichischer Seite vor allem dem großen Engagement von Staatssekretär Franz Morak zu verdanken ist.
So gab es neben einer Einzelausstellung von Erwin Wurm auch ein Ausstellungsprojekt von Margherita Spiluttini, eines der Ars Electronica sowie ein Forum zur Zukunft der Medienkunst. Die Ausstellung „Postmediale Kondition“, die zuvor bereits in Graz gezeigt worden war, wurde in Madrid auf spannende und neue Weise installiert. Eine ausführliche Besprechung der Ausstellung lesen Sie in diesem EIKON, ebenso wie ein Portrait von Harun Farocki, dessen Filme im März sowohl in Madrid als auch im österreichischen Filmmuseum und weiters in der Wiener Generali Foundation in der Ausstellung „Kino wie noch nie“ zu sehen sind.
Wir danken Ihnen, dass Sie uns im 15. Jahr von EIKON begleiten und die Treue halten und freuen uns über Ihren Besuch auf der ViennAfair (6.–9. April 2006), bei der wir Ihnen die neueste Arbeit der Edition EIKON von Clegg & Guttmann präsentieren dürfen.
Elisabeth M. Gottfried
im Namen des EIKON-Teams
- Veröffentlicht am Mittwoch 15. März 2006 von ÖIP
- ISBN: 9783902250230
- 80 Seiten
- Genre: Film, Fotografie, Kunst, Loseblatt-Ausgabe, TV, Video, Zeitschrift