Eine Reise von Aleppo nach Jerusalem zu Ostern im Jahre des Herrn 1697

Henry Maundrell: Nach der vierten Ausgabe seines Reiseberichts.

Henry Maundrell (1665–1701) war ein Gelehrter an der Universität von Oxford, später “Fellow of Exeter College” und ein Mitglied der Kirche von England. Er diente vom 20. Dezember 1695 an als Kaplan der englischen Handelsniederlassung in Aleppo, der “Levant Company” in Syrien.
Maundrells berühmte Reise nach Jerusalem begann am 26. Februar 1697, mit vierzehn anderen Bewohnern seiner Faktorei in Aleppo. Ihre Rundreise brachte sie quer durch Syrien nach Latakia, entlang der syrischen und libanesischen Küste bis in die Stadt Akkon. Von dort setzten sie ihre Reise landeinwärts nach Jerusalem fort, wo sie an den lateinischen Osterfeierlichkeiten in der Grabeskirche teilnahmen.
Maundrell ist ein überaus genauer Beobachter und stets bemüht, seine Eindrücke und Erlebnisse dem Leser mitzuteilen. Dabei ist er keineswegs zimperlich bei der Beurteilung heidnischer Riten oder der islamischen Religion. Aber auch seine christlichen Brüder werden oft mit Sarkasmus bedacht, was sie wahrscheinlich Maundrells Zugehörigkeit zur anglikanischen Kirche verdanken.
Besonders die osmanischen Besatzer des Heiligen Landes werden von ihm durchaus nicht freundlich beurteilt. Sei es im Hinblick auf ihre Lebensweise oder ihre Religion. Maundrell beschreibt auch bis ins Detail die Hinrichtung eines Todeskandidaten in Tripolis, wobei die nicht sehr feine Hinrichtungsart des Pfählens zur Anwendung kam.
Aus seiner Schilderung vom Karsamstag erfahren wir, dass sich manche Pilger in Jerusalem sogar tätowieren ließen. Allerdings mit frommen Motiven.
Er berichtet uns mit der ihm eigenen Genauigkeit von Osmanen, Griechen, Armeniern und Aleviten in diesen Ländern. Von Antiken Herrschern, die wir aus der Bibel kennen erzählt er ebenso wie von mittelalterlichen Kaisern und Herrschern.
In seinem Reisebericht erfahren wir von Orten, wie aus 1001 Nacht, von der alten Kreuzfahrerstadt Akkon, die im Jahre 1291 von den Mamluken eingenommen und so zerstört wurde, dass noch nach über vierhundert Jahren nichts als ein paar armselige Häuser, eine Moschee und ein Handelshaus in diesem riesigen Trümmerfeld standen.
Und er berichtet in zwei beiliegenden Briefen, nachdem er von Interessierten danach gefragt wurde, über das Zusammenleben mit den Osmanen, über die schlimme Form des Aussatzes den es zu seiner Zeit im Orient gab, über die Unverwesbarkeit von Exkommunizierten und von vielen anderen interessanten Dingen.