Eine Zeit mit Anne

Roman

von

‚Eine Zeit mit Anne‘ (von Manfred Scharf) ist eine Geschichte über die Liebe, dennoch ist sie kein Liebesroman. Die Beziehung zwischen den Protagonisten Martin Hembach und Anne Arnold ist eine sehr einseitige. Anne liegt im Wachkoma, nach einem Verkehrsunfall, in dem sie beide verwickelt waren. Und weil Martin den Unfall beinahe unbeschadet überstanden hat, fühlt er sich verpflichtet, Anne im Krankenhaus immer wieder zu besuchen.
Aus dieser Verpflichtung wird ein Bedürfnis, als er bemerkt, dass er, als der um viele Jahre Ältere, der jungen Frau viel zu erzählen weiß: aus seinem Leben – privat und in dieser Bundesrepublik Deutschland. Und so ersinnt er Geschichte um Geschichte, notiert sie in seinem ‚Sudelbuch‘ und erzählt sie an langen Nachmittagen seiner stummen, bewegungs-unfähigen ‚Zuhörerin‘.
Dabei wird mit jeder Erzählung deutlicher, wie sehr Martins Leben von der Welt der Literatur geprägt ist – in der die Liebe von jeher zu Hause ist: Ob in Romeo und Julia – klassisch oder auf dem Dorfe, ob bei Wolfgang und seiner Claire, ob bei Werther und seiner Lotte, ob bei Faber und seiner Sabeth, ob bei Fabian und seiner Cornelia… Geschichten voller Tragik, aber auch voller Humor.
Dann, als in das ‚traute Zuzweitsein‘ mit Elisabeth eine weitere junge Frau – eine voller Lebenslust – einbricht, spürt Martin, dass er dem ‚Ewigweiblichen‘ noch lange nicht entflohen ist. Doch wie soll er mit der neuen Situation umgehen? Welche Verpflichtung hat er Anne gegenüber, die tatsächlich den Weg aus dem Wachkoma zu schaffen scheint? Und welche Rechte hat er Elisabeth gegenüber, die so viel jünger und auch noch durch eine Ehe gebunden ist?
Das Ende der Novelle ist einerseits voller Trauer, andererseits aber auch ein hohes Lied auf die immerwährende Liebe.

————Manfred Scharf
Jahrgang 1950, bis 2014 Wiss.
Mitarbeiter und Dozent an
der FAU Erlangen-Nürnberg,
seitdem Veröffentlichung
von Kurzgeschichten
(Das Mädchen mit den
Bernsteinaugen) und nun
einem Roman