Schwarz-Weiß-Fotografie erlebt eine Renaissance. Überall auf der Welt werden in großen Museen die Abteilungen für Fotografie neu bewertet, neu entdeckt, ausgeweitet. Hier reihen sich die Bilder ein, die der Fotograf Roland Bauer um die Wende der siebziger zu den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit der Leica M4-P und der Leica M5 aufnahm.
Sie zeigen Menschen im Alltag des Weilers Winterberg in Hohenlohe, dem traditionell bäuerlich geprägten Norden Baden-Württembergs. Es entstand ein Kunstwerk mit doppelter Bedeutung: ein authentisches Dokument untergegangener Einfachheit menschlicher Existenz und ein Meisterwerk unaufdringlicher fotografischer Professionalität. Der Fotograf inszeniert nicht, er läßt die Menschen, die er aufnimmt, für sich sprechen – in ihrer Lebenswelt, bei ihrer Arbeit, in ihrer Fürsorge füreinander. Roland Bauer, der als Fotograf von Luxus und modernem Lebensstil in üppigen Bildbänden über Schlösser, Hotels und Sterneküchen bekannt ist, offenbart sich in seiner Schwarz-Weiß-Fotografie als Purist. Er ist ein sensibler Beobachter, der Wirklichkeit mit sicherem Blick für das Ganze und für die Details seiner Motive ungeschminkt festhält.
Dem Betrachter öffnet sich der Blick in eine Existenz, die an die benediktinische Regel ora et labora – arbeite und bete – erinnert, frei von religiöser Verklärung ebenso wie von der heute modischen Romantisierung des Lebens auf dem Lande. Karges Leben gibt sich als klaglose Ergebenheit in das Schicksal zu erkennen, besonders eindrucksvoll in den Gesichtern der Abgebildeten. Fern von Verbitterung haben sich darin Lebenshaltungen eingekerbt, deren Sinn sich für ihre Protagonisten ohne Überhöhung darin erfüllt, einfach zu leben – zu überleben.
Der hochwertig gedruckte Bildband präsentiert erstmals die vollständige Serie der über 100 Aufnahmen, von denen Roland Bauer 1983 in einem kleineren Format eine Auswahl von 30 Fotos in der Stuttgarter Edition Cordeliers veröffentlicht hatte. Er erhielt dafür den begehrten Kodak-Fotobuchpreis. Der Münchner Buchdesigner Peter Langemann hat den von Claus Detjen herausgegebenen Band als eine Erzählung voller bewegender menschlicher Lebensgeschichten gestaltet.