Existenz und Sprache.

Überlegungen zur hermeneutischen Sprachauffassung von Martin Heidegger und Hans Lipps.

von

Der Autor untersucht den Zusammenhang zwischen der Bedeutung sprachlicher Ausdrücke und dem Verhalten im Sinne des Existenzvollzugs. Die Daseinsanalytik Heideggers und die bisher kaum gewürdigte hermeneutische Logik von Lipps bilden die Grundlage für einen neuen sprachphilosophischen Ansatz, in dem das sprachliche und das praktische Verhalten auf die einheitliche Seinsverfassung des Menschen zurückgeführt werden können. Bedeutung ist für Heidegger kein ausschließlich sprachliches Phänomen, sondern ereignet sich im Vollzug der zeitlich verfaßten Existenz.

Weil Existenz in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den innerweltlichen Gegenständen steht, impliziert jedes Verhalten ein Bedeuten von Gegenständen, die so jeweils in einer Bedeutung zugänglich werden. Auch Sprechen ist ein in der Existenzweise des Menschen gründendes Verhalten. Weil aber Bedeutungen vorrangig im praktischen Gebrauch der Gegenstände erzeugt werden, ist der Sprachvollzug ein sekundäres Geschehen, das die Dinge nur in der Weise des Sehenlassens zugänglich machen kann. Lipps begreift demgegenüber das sprachliche Verhalten als eine eigenständige und unhintergehbare Weise der Erzeugung von Bedeutung. Zudem wird das Bedeutungsphänomen von ihm in eine intersubjektive Perspektive gerückt: sprachliche Bedeutung entsteht im dialogischen Verhältnis von Sprecher und Hörer. Das sprachliche Verhalten ist nach Heidegger und Lipps als eine spezifische Form des Existenzvollzugs zu interpretieren. Vor anderen Verhaltensweisen zeichnet es sich als ein Vollzug aus, der Gegenstände zwar lediglich in einem Sehenlassen zugänglich machen kann, dafür aber von den durch die Zeitlichkeit der Existenz bedingten Zwängen befreit und dadurch neue Möglichkeiten der Bedeutung eröffnet und die menschliche Existenzweise überhaupt erst ermöglicht.