Flucht- und Lehrjahre

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Keine andere Generation war wohl so intensiv an der Geschichte Deutschlands beteiligt wie die um 1930 Geborenen. Sie erlebten noch die Kindheit im Dritten Reich, ihre frühe Jugend fiel in die Kriegsjahre und sie wurden erwachsen in der Nachkriegszeit. Gerhard Müllers Buch „Flucht- und Lehrjahre“ schildert eine solche Jugend und ist gleichzeitig das Zeugnis eines mit Tatendrang und Neugier gelebten Lebens. Nach seiner Kindheit im Osten Deutschlands, in der Lausitz, flieht der Erzähler in den Westen, um dann wieder zur Unterstützung der Familienfirma in den Heimatort zurückzukehren – und letztlich vor dem immer unmenschlicher werdenden DDR-Regime erneut die Flucht in den Westen anzutreten.
Doch die große Weltpolitik bietet nur den Hintergrund für den mit Witz und Beherztheit begabten jungen Mann, der die Entstehungsgeschichte der beiden deutschen Staaten noch einmal frisch und lebendig vor Augen führt. Es ist eine wirkliche Lebensschule, die vor uns ausgebreitet wird: mit vielen liebevollen, aber auch kritischen Darstellungen von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und unterschiedlichsten Nationen, mit spannenden, oftmals lebensgefährlichen Situationen, aus denen er sich wie ein moderner Simplizissimus befreit. Doch bei aller Umtriebigkeit und Pfiffigkeit haben wir es bei diesem Erzähler mit einem aufmerksamen Beobachter zu tun, der wunderbare Porträts entwerfen kann und der trotz aller auch bitteren Erfahrungen seine tiefe Verbundenheit mit den Menschen, die ihm auf seinem Lebensweg begegnet sind, zum Ausdruck bringt.