Die Auswahl der Gedichte von Jürgen Nendza, der heute zu den bedeutendsten Lyrikern deutscher Sprache gehört, beginnt im Krebsgang, und das hat seine Vernunft. Wirken die früheren Gedichte gelegentlich noch ein wenig angestrengt und mit der Vergewisserung ihrer Mittel und der Erkundung ihrer Möglichkeiten beschäftigt, so bezaubern die jüngeren einmal mehr durch die entwaffnende Selbstverständlichkeit, mit der auch ungewöhnliche, schwierige, überraschende Bilder und Fügungen daherkommen. Jede Zeile überzeugt sofort, „flatternd und zerbrechlich, zwischen Laut und Licht“. Zu ihren Schleifen ohne Anfang und Ende, Schattenlinien jenseits von Uhrzeiger und Sinn, darf man immer wieder auch ein wenig assoziieren. Es sind Gedichte jenseits aller Wie-Vergleiche, sie weisen den Leser in ihre Wirklichkeit ein, die der unseren im tiefsten Sinne die Treue hält, und man kann kaum anders als seine helle Freude an diesem schwebenden Verfahren haben.
(Alexander von Bormann)

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