Forschungsberichte aus dem Institut für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen der Universität Stuttgart

Auswirkungen auf die ökologische Nachhaltigkeit eines Bauwerks durch den Einsatz von Produkten aus thermoplastischen Recyclingkunststoffen

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In dieser Arbeit wurden die Voraussetzungen von Rest- und Abfallkunststoffen, für mögliche Anwendungen in Halbzeugen und Produkten für Gebäude untersucht. Dabei wurde ein besonderer Fokus auf die vergleichenden ökologischen Bewertungen von beispielhaften funktionellen Nutzungsszenarien gelegt. Ziel der Arbeit war es, zu ermitteln, welche Auswirkungen der Einsatz von Bauteilen aus thermoplastischen Recyclingkunststoffen auf die Ökobilanz eines Bauwerks haben kann. Aus ökologischer Sicht wurden dafür sinnvolle Anwendungen im Bauwesen identifiziert, bei denen durch den Einsatz von Bauteilen aus thermoplastischen Recyclingkunststoffen, die Lebenszyklusanalysen von Gebäuden und die damit in Verbindung stehenden Umweltauswirkungen beeinflusst werden können. Darüber hinaus besteht dadurch die Möglichkeit, dass die wertvollen fossilen Ressourcen nachhaltig erhalten bleiben und die Menge der anfallenden Kunststoffabfälle reduziert werden kann.
In der ersten Phase wurde eine präzise Problembestimmung vorgenommen. Die Hintergründe des Themas wurden eruiert und aus dem derzeitigen Forschungsstand ein Ziel definiert. Nach der bisherigen Problemformulierung folgte die Eingrenzung des wie bereits oben beschriebenen Ziels der Arbeit, mit den zu erwartenden möglichen Auswirkungen. Mit dem Fortschreiten der Arbeit wurden die in der Problembestimmung getroffenen Aussagen auf deren Zusammenhang von Ursachen und Wirkungen kontinuierlich überprüft.
Die Beschäftigung mit dem Thema Kunststoffrecycling ist unausweichlich. Mit der weltweit wachsenden Nachfrage nach der fossilen Ressource Erdöl und deren limitierten Fördermenge wird der Preis nicht nur für erdölbasierte Kraftstoffe, sondern auch für Kunststoffe in Zukunft erheblich steigen. Je früher mit der Erforschung und Optimierung alternativer Rcyclingprozesse und der Möglichkeiten für die Anwendung der Rezyklatprodukte begonnen wird, umso geringer wird sich die Knappheit des Öls bemerkbar machen.
Ein gesteigertes Umweltbewusstsein und wachsende Energiepreise führten im Bauwesen zur Energieeinsparverordnung
(EnEV). Die Vorgaben der Verordnung werden regelmäßig erhöht, um damit neue Gebäude auf einen minimalen Energieverbrauch während der Nutzung zu trimmen. Das maximale Einsparpotential ist mit dem Passivhausstandard, bei diesem während der Nutzungsphase keine Energie mehr verbraucht wird, schon erreicht. Möglich wird dies hauptsächlich durch einen erhöhten Materialeinsatz.
Dessen ungeachtet betrachtet die EnEV nur die Nutzungsphase der Gebäude. Die Produktionsphase und die Entsorgungsphase bleiben außen vor. Der kumulierte Energieaufwand (KEA), gibt „die Gesamtheit des primärenergetisch bewerteten Aufwands an, der im Zusammenhang mit der Herstellung, Nutzung und Beseitigung eines ökonomischen
Guts (Produkt oder Dienstleistung) entsteht bzw. diesem ursächlich zugewiesen werden kann.“ (VDI Richtlinie
VDI 4600 Blatt 1) Zusammenfassung IV
Der KEA oder auch umgangssprachlich bekannt als die „Graue Energie“ der Bauprodukte fließt bis jetzt noch nicht in die gesetzlich geforderte Energiebilanz von Gebäuden ein. Eine Verringerung des Gesamtenergiebedarfs ist zukünftig nur noch in der Erstellungs- und Entsorgungsphase möglich. Darüber hinaus wächst das Interesse an den potentiellen Umweltwirkungen der erstellten Gebäude. Dazu wird z.B. der „CO2 Fußabdruck“ berechnet. Mit diesem Wert allein kann jedoch noch keine Aussage über alle Umweltwirkungen getroffen werden, da es wesentlich mehr Faktoren gibt, die sich nicht proportional zueinander verhalten und innerhalb einer Ökobilanz betrachtet werden müssen.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden in Zukunft die „Graue Energie“, die potentiellen Umweltauswirkungen und der Ressourcenverbrauch in einer gesetzlich verpflichtenden Ökobilanzierung von Gebäuden eingeschlossen werden, um dem Anspruch einer ganzheitlichen Nachhaltigkeit von Gebäuden näher zu kommen. Das DGNB-Zertifikat ist ein gutes Beispiel für eine solche Bilanzierung, es enthält die genannten Bestandteile bereits, ist aber noch nicht für alle Gebäude verpflichtend.
Die durchgeführte Analyse des bestehenden Forschungsstandes enthält eine systematische Kategorisierung der verschiedenen Recyclingkunststoffe anhand ihrer unterschiedlichen Eigenschaften. Zudem wurden bereits bestehende Anwendungsbereiche und deren Anforderungen für Produkte aus Rezyklat identifiziert. Mithilfe von Software und Datenbanken zur Lebenszyklusanalyse können Verwertungs-und Recyclingwege analysiert und mit der herkömmlichen Herstellung von Kunststoffen aus fossilen Ressourcen verglichen werden.
Der Hauptteil der Arbeit enthält vergleichende Bilanzierungen von unterschiedlichen funktionellen Einheiten. Dabei wurden Bauteile aus Rezyklatkunststoffen mit herkömmlichen Bauteilen aus Holz, Metall, Stein, Kunststoff und Faserzement hinsichtlich ihrer ökologischen Umweltwirkungen verglichen. Anschließend wurden diese in die ökologische Lebenszyklusberechnung zweier Referenzgebäude übertragen, um festzustellen, welche Auswirkungen thermoplastische Rezyklatkunststoffe auf die ökologische Nachhaltigkeit von Gebäuden haben können.