Fremd unter seinesgleichen

Almanach 2020

Im Oktober 2020 feierte der Literaturkreis der Deutschen aus Russland ein markantes Jubiläum – sein 25-jähriges Bestehen, und präsentierte aus diesem Anlass die Jubiläumsausgabe des Jahrbuchs. Dieser Band ist der russlanddeutschen Autorin und Dichterin Nora Pfeffer gewidmet, die im Dezember 2019 ein hundert Jahre alt geworden wäre. Die Grande Dame der russlanddeutschen Literatur hat sich von Beginn an im Literaturkreis der Deutschen aus Russland engagiert und hat maßgeblich, auch redaktionell, bei der Entstehung der ersten Literaturblätter vor 25 Jahren mitgewirkt. Aus den anfänglich schmalen Heften ist heute ein stattlicher Sammelband geworden. Zwischen seinen Buchdeckeln versammelt er ein Mosaik aus Lyrik, Prosa, biografischen Texten und Rezensionen kürzlich erschienener Bücher und gibt damit einen wesentlichen Überblick über die russlanddeutsche Literaturszene.
Das Motto des Jahrbuchs ist nicht zufällig gewählt. Wie fühlt sich Entwurzelung an? Wie ist es, fremd zu sein – auch unter den vermeintlich eigenen Leuten? Solche Empfindungen erleben zugegebenermaßen nicht nur Aussiedler und Aussiedlerinnen. Dennoch ist ihnen Heimatverlust und Entwurzelung seit Generationen bekannt. Sie wissen, wie es ist, sich immer wieder in einer fremden Umgebung verorten und behaupten zu müssen. Auch Nora Pfeffer sind diese Zustände nicht fremd, hat sie doch alle Stationen des Heimatverlusts in ihrem ereignisreichen Leben erfahren.