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Gedichte

von

Frech, direkt, tagebuchartig, fern von Tabus kommen Chris Hasslers Gedichte daher, die manchmal wie Prosa und dann wieder wie gemeisselt wirken. Keine Frage, da schreibt einer, der das Leben kennt, gern ein volles, nicht ein leeres Glas vor sich auf dem Tresen hat, weibliche Wesen und nicht auf seiner Linie funktionierende Männer verunsichern will, der aufs Telefon pfeift, höchstens mal in einer der wenigen Telefonkabinen von Chur und Umgebung nach dem Hörer greift. Nie würde Chris Hassler aber auf Mondkinder, Sensible und Suchende schiessen, eher auf solche, die immer alles ganz genau wissen. Daher ist „Schiesst nicht aufs Mondkind“ ein fund-orte, das nicht auf Büchergestellen vermodern darf. Immer wieder sollte es im Bus, in der Strassenbahn, im Zug, auf Wiesen oder in schummrigen Bars zur Hand genommen und wenigstens das eine oder andere gelesen werden. Da ist mehr Leben drin, als Germanisten oder Nur-Akademiker sich je vorstellen können. Wenigstens einige von ihnen. Als Poet hat Chris Hassler eine Sprache gefunden, die seine eigene ist und doch heutiges Lebensgefühl in die Dichtung holt. Er erweitert die Spannweite heutiger Lyrik, die für mich seit je orte verkörpert. Hasslers Poetik, ziemlich weit weg vom lyrischen Ich, Schmutz und Helles, Sanftes und Deftiges, Depression und Aufschwung, Müdigkeit und Lebenshunger, in diesem Raster sind seine Gedichte angesiedelt. Man kann von ihnen nie genug bekommen.