FUNDUS

Popkritik 1966-1982

von

Helmut Salzingers ästhetische und gesellschaftspolitische Positionen sind bis zur Mitte der siebziger Jahre in einem steten Fluss. Vom wohlwollenden Beobachter und Interpreten der sich profilierenden Pop- und Protestkultur in den sechziger Jahren entwickelt er sich zum engagierten Fürsprecher der ‚Yippies‘ – jener unorthodoxen hedonistischen Linken, die kulturrevolutionäre Programmatik mit einer ‚psychedelischen Lebensweise‘ verschmolzen wissen wollte –, um schließlich ganz aus dem Kulturbetrieb auszusteigen und sich aufs Land zurückzuziehen. Auch bei ihm verwandelte sich die kulturrevolutionäre Euphorie allmählich in Desillusionierung. Salzinger war in diesem Punkt ein gar nicht untypischer Repräsentant seiner Zeit, allerdings wusste er seinen Sinneswandel so scharfsinnig wie kaum ein anderer Vertreter der Eskapisten-Fraktion theoretisch zu unterfüttern. Nicht zuletzt infolge der Rezeption von Carlos Castanedas esoterisch-mythopoetischen Schriften schmolz er die pro-revolutionäre Gesellschafts- in melancholisch-defätistische Zivilisationskritik mit radikalökologischem Einschlag um. Diese chronologisch geordnete Sammlung von pop- und kulturkritischen Essays und Kritiken, für deren Auswahl der Herausgeber Frank Schäfer den Nachlass gesichtet hat und die hier folglich teilweise zum ersten Mal in Buchform, teilweise überhaupt erstmals gedruckt vorliegen, lässt sich zum einen als politisch-poetologische Biografie Helmut Salzingers, zum anderen aber auch als materialreiche, meinungsfreudige (Sub-)Kulturgeschichte der sechziger und siebziger Jahre lesen.