Gelehrte Frau

Episoden aus dem Leben der Edith K.

von

Im September erhält Edith von der amerikanischen Botschaft eine Einladung zu einem dreiwöchigen Bildungs-lehrgang in die USA.
In den USA angekommen, erfährt sie, dass der Bildungslehrgang unter der Ägide der USIA (United Sta-tes Information Agency) steht. Die circa 50 Teilnehmer kommen mehrheitlich aus Asien und Afrika, zwei auch aus Europa, alle sind in höheren Bildungsbereichen, z. T. in Ministerien tätig. Den Kursteilnehmern wurde viel von Bildungswesen Amerikas gezeigt.
Bei der Besichtigung des UNO-Gebäudes lernten sie, dass ihr Kurs nicht von den USA, sondern von der UNO finanziert wurde. Und das in einem Jahr, in dem die USA ihre UNO-Mitgliedschaft nicht bezahlt hatten.
Da die Teilnehmer das amerikanische Bildungswesen kennen und in ihrem Land umsetzen sollten, besichtigte man eine Reihe von Schulen und Universitäten. Sehr beeindruckt haben die meisten dabei die niveauvollen zweisprachigen Schulbücher (Englisch-Spanisch) im zweisprachigen State Texas.
Weniger beeindruckend war der Alltag, z. B. die Begrüßung am Flughafen: „So was wie dich brauchen wir hier nicht, mach das du zurück in dein Land kommst!“ Oder der Fakt, dass an allen Schaltern, d. h. am Ende der Lohnkette, Schwarze saßen, die von beschwerdeführenden Amerikanern noch immer wie Sklaven behandelt wurden. (Bei Edith war das Visum für einen zu kurzen Zeitraum genehmigt worden, es war schon erstaunlich wie der Kursleiter mit dem farbigen Mädchen, das streng nach Anweisung handelte – wie es auch mehrmals betonte – umsprang).
Im Institut gab es Neues: In Sanitz wurde ein Intensivkurs „Spanisch für Auslandskader“ eröffnet (für Wissen-schaftler, die in spanisch- bzw. portugiesisch-sprechenden Ländern wie Kuba oder Mozambique am Aufbau wissenschaftlicher Einrichtungen halfen). Sanitz wurde gewählt, weil die Uni in Rostock nicht genügend Räumlichkeiten für die Unterbringung und Unterrichtung der Wissenschaftler hatte. Sie wurden für die Dauer des Intensivkurses dort internatsmäßig untergebracht.
Natürlich waren die Spanischlektoren von dem täglichen Weg nach Sanitz nicht besonders angetan. Trotzdem versuchten sie mit Hingabe, neue Lehrmethoden für Erwachsene, z. B. Suggestopädie, in die Ausbildung einzubringen.