Der fünfte Band der Tagebücher Kierkegaards umfaßt die Zeit von April 1851 bis zu seinem Tod im November 1855. Sie zeigen vor allem seinen letzten inneren Kampf darum, wann und in welcher Gestalt er seinen Protest gegen den damaligen Kirchenbetrieb der bestehenden Christenheit öffentlich vortragen müsse, bis er dann am 18. Dezember 1854 mit dem Artikel „War Bischof Mynster ein ‚Wahrheitszeuge‘.“ die Reihe agressiv-kritischer Zeitungsartikel und Flugschriften begann, die sein letztes
Lebensjahr füllte (s. 34. Abteilung der „Gesammelten Werke“). Den Weg zu diesem Entschluß kennzeichnet Gerdes in der Einleitung des Bandes so: „Man kann sich die Seelenqual., in die er durch Mynsters und des „Bestehenden“ Zweideutigkeit und die sich daraus ergebende Unsicherheit über seine verbleibende Aufgabe gestürzt wurde, – geschärft dadurch, daß sich alles mit seinem Selbstverständnis und Gottesverhältnis ineinanderschlang -kaum zermürbend genug vorstellen. Die vielen Reflexionen. „über sich selbst“, über das Wesen des „außerordentlichen Zeugen“, über die „Nachfolge“ und über sein Verhältnis zum „Bestehenden“. geben davon Zeugnis. In diesen Zusammenhang gehört auch Kierkegaards eindringliche Auseinandersetzung mit Luther in diesen Jahren, deren Einseitigkeiten und Verzerrungen nur daraus zu erklären sind, daß Kierkegaard die ihm gegenwärtige Gestalt des dänischen Protestantismus mitsamt der ihm daraus erwachsenden persönlichen Problematik weithin in Luther rückprojiziert.“ Sein religiöses Selbstverständnis zu der Zeit, als er den offenen Angriff begann, zeigt eindrucksvoll die Aufzeichnung „Ein besonderes Gottesverhältnis in Unmittelbarkeit und Reflexion“ auf S.361f. – Von den mancherlei Reflexionen, die dieser Band außerdem bietet, sei besonders hingewiesen auf die Gedanken zum Verhältnis von Christentum und Naturwissenschaft (S.144ff, s. dazu 17. Abt. der „Gesammelten Werke“ S.123ff), die Auseinandersetzung mit Rasmus Nielsen (S.154ff u.ö.), die Urteile über Schopenhauer (insbes. S.195ff, 264ff) und über den Staat (S.318f )
- Veröffentlicht am Freitag 10. Oktober 2003 von Grevenberg
- ISBN: 9783936762426
- 422 Seiten
- Genre: Belletristik, Briefe, Tagebücher