Auf der Tagung „Die Veränderung der Existenzbedingungen in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern 1933–1945“ am 23./24. Januar 2009, veranstaltet vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin und der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten in der Gedenkstätte und dem Museum Sachsenhausen, wurden Fragen nach dem Wandel der Konzentrationslager, nach Ursachen und Akteuren aufgegriffen und Probleme der Vermittlung des Themas in Schulen, Gedenkstätten und anderen Bereichen der politischen Bildung reflektiert. Die Beiträge der Tagung werden in diesem Band veröffentlicht.
Die Geschichte der Konzentrationslager von 1933 bis 1945 weist immer wieder Veränderungen in den Existenzbedingungen auf. Von den ersten „Schutzhaftlagern“ 1933, in denen meist bereits hemmungslose physische Gewaltanwendung herrschte, bis zu den Massenmorden während des Zweiten Weltkriegs lassen sich viele Kontinuitäten, aber auch Zäsuren und neue Entwicklungen feststellen. Die Bedingungen wurden tendenziell härter und unmenschlicher. Sie kulminierten während des Zweiten Weltkriegs in Verelendung, Seuchen, Massensterben und Massenmorden.
Im Mittelpunkt der historischen Beiträge der Tagung stand die Frage, wie sich die Performanz der Gewalt von 1933 bis 1945 veränderte. Dabei wurde der Begriff in einem weiten Sinne verstanden; er umfasste auch „strukturelle“ Arten der Gewalt wie ungenügende Ernährung und Unterbringung, mangelhafte Krankenversorgung und extensive Arbeitsbelastung. Durch vergleichende Betrachtung der Existenzbedingungen einzelner Konzentrationslager in verschiedenen Perioden sollten systematische Veränderungen, aber auch strukturelle Handlungsspielräume in den einzelnen Lagern erkennbar werden.
Welche Gründe hatten die Veränderungen? War dieser Weg vorgezeichnet? Wurde er geplant und schrittweise verwirklicht? Wer oder was waren die treibenden Kräfte? Oder waren eher unvorhergesehene Umstände – etwa der unbeabsichtigte Kriegsverlauf – entscheidend? Ist es angemessen, von einer kumulativen Radikalisierung im Sinne Hans Mommsens zu sprechen? Lassen sich Zäsuren und besondere Phasen in der Entwicklung feststellen? Was waren die charakteristischen Merkmale der nationalsozialistischen Konzentrationslager, die sie von anderen Zwangslagern im nationalsozialistischen Deutschland und von Einrichtungen anderer repressiver Regime unterschieden?
Diese Fragen bilden den Rahmen der acht geschichtswissenschaftlichen Beiträge dieses Bandes. Sie sollen auch im Resümee wieder aufgegriffen werden, um die gegebenen Antworten zusammenfassend zu reflektieren. Dort soll ebenso der Verlauf der Diskussionen zu den Tagungsreferaten einbezogen werden.
Im Blickfeld des pädagogischen Teils standen zunächst vor allem zwei Problemfelder:
– Wie sind die Existenzbedingungen der KZ-Gefangenen heute begreifbar und darstellbar?
– Wie ist die Notwendigkeit zeitlicher Differenzierung mit dem Gebot der didaktischen Reduktion vereinbar?
Die Beiträge und Diskussionen der pädagogischen Arbeitsgruppen der Tagung sind in diesen Band nicht einbezogen. Darüber wurden Protokolle erstellt, die die Teilnehmer per Email erhielten.
Der Titel des Buches ist wurde gegenüber dem Thema der Veranstaltung geringfügig geändert. Die Beiträge sind zum Teil in anderer Reihenfolge angeordnet. Eine klare Teilung in zwei Perioden (1933–1939 und 1939–1945) hat sich nicht als sinnvoll erwiesen, weil sich mehrere Referate mit Themen in beiden Zeitabschnitten befassten. Die pädagogischen Beiträge bilden nicht mehr den Mittelblock, sondern folgen nach dem historischen Teil. Die Beiträge sind nach der Tagung von den Autoren überarbeitet worden. Winfried Meyer hat aus seinem Einleitungsbeitrag zum Panel 3 und seinen Diskussionsbeiträgen einen neuen, längeren Beitrag verfasst.
- Veröffentlicht am Freitag 19. März 2010 von Metropol-Verlag
- ISBN: 9783940938374
- 245 Seiten
- Genre: 20. Jahrhundert (bis 1945), Geschichte, Sachbücher