Geschichte eines Lebens

von

„Manchmal genügt der Geruch von gammeligem Stroh oder ein Vogelschrei, um mich weit weg und tief in mich hinein zu schleudern.“ Der dies sagt, der Schriftsteller Aharon Appelfeld, war bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges sieben Jahre alt, ein behütetes Kind assimilierter Juden in Czernowitz, ein kleiner Junge namens Erwin. Seine Kindheit endet über Nacht: Deutsche und Rumänen ermorden seine Mutter, er hört ihren Schrei. Als er nach Monaten im Ghetto und dem Todesmarsch durch die Steppen der Ukraine im Lager eintrifft, wird er von seinem Vater getrennt. Erwin gelingt die Flucht in die Wälder. Ein Baum mit roten Äpfeln prägt sich dem Hungernden unauslöschlich ein. Allein im Wald, umgeben von Tieren, versteckt er sich. Dann setzt Regen ein, es wird kalt. Er klopft bei Bauern, gibt sich als christliches Waisenkind aus. Bald hat er die Gesichter seiner Eltern, sein Zuhause fast ganz vergessen. Sechs lange Jahre dauert der Krieg. Nach Aufenthalten in Durchgangslagern, wo Gaukler, Schmuggler und Diebe gestrandete Kinder für sich arbeiten lassen, bringt ihn ein Schiff nach Palästina. Er kommt allein und ohne Sprache, ein Vierzehnjähriger, der alles verloren hat und von vorn beginnen muss. Von seinem Leben, wie es sich Aharon Appelfeld heute zeigt, erzählt dieses berührende literarische Zeugnis, ein kluges, poetisches Buch über den Kampf zwischen Erinnerung und Vergessen, Reden und Schweigen – eines der großen Werke jüdischer Literatur.